Als Arbeitnehmer die Tage bis zur Rente zählen?
Der Vater einer Freundin ist nun in dem Alter, in dem er nicht mehr so lange arbeiten muss, bis er in Rente gehen kann. Er hat vor einiger Zeit durch einen Geschäftsführerwechsel die Stelle bei der alten Firma verloren und seitdem nochmal wieder eine Arbeit gefunden. Allerdings ist diese wohl sehr anstrengend und macht ihm keinen großen Spaß. Er muss sich dort viel herum ärgern und auch die Samstage immer arbeiten.
Meine Freundin sagt, dass ihr Vater die Tage schon zählen würde, bis er dann in Rente gehen könnte. Er würde ihr dann oft sagen, wie lange er jetzt noch arbeiten müsste und was er dann mit seiner freien Zeit alles anfangen könnte. Er freut sich offensichtlich schon auf die Rentnerzeit.
Habt ihr auch schon erlebt, dass Personen die bald in Rente gehen die Tage bis dahin zählen? Könnte ihr das nachvollziehen oder findet ihr das unsinnig? Ist das nur der Fall, wenn man unglücklich in seinem Job ist? Oder kommt das auch durchaus vor, wenn man gerne auf die Arbeit geht?
Mir erschließt sich ehrlich gesagt nicht, was das primär mit der Rente zu tun haben sollte. Es ist doch generell so, dass man die Tage bis zum Ende zählt, wenn man einen Job ausüben muss, der so gar keinen Spaß macht und bei dem man sich quält. Solche Jobs hatte ich auch schon in meinem Leben und dabei bin ich Jahrzehnte von der Rente entfernt. Wenn man unglücklich in einer Situation ist, dann will man da grundsätzlich so schnell wie möglich raus, egal ob Rente oder nicht.
Wenn es noch ein paar Monate sind, kann ich schon verstehen, dass jemand die Tage bis zur Rente oder auch einer sonstigen beruflichen Veränderung zählt, gerade wenn man sich nicht (mehr) wohlfühlt im Job oder es schlicht nicht mehr schafft. Aber generell halte ich nicht viel von einer Lebenseinstellung, die das Glück immer in der Zukunft sucht im Sinne von "Wenn ich erst einmal in Rente bin/einen besseren Job habe/die Kinder in der Schule sind/ich 20 kg abgenommen habe/das Auto abgezahlt ist, dann wird alles super toll!"
Auf diese Art verbringt man gefühlt sein ganzes Leben damit, zu warten. Zuerst aufs Wochenende, dann auf den Urlaub, dann auf den nächsten Urlaub, dann auf die Rente. So entsteht meines Erachtens viel zu viel tote Zeit, die in den Augen der Menschen nicht zählt, weil sie nur als Hindernis zum nächsten erhofften Glücksmoment oder einer dauerhaften Verbesserung wahrgenommen wird. Und so viel Zeit haben wir alle nicht, dass wir einfach nur hoffen sollten, dass ein Großteil davon möglichst rasch verfliegt.
Ich habe bis zur Rente noch einige Zeit zu arbeiten und darum zähle ich sicher nicht die Tage. Aber wenn man nur noch einige Monate arbeiten muss, dann kann ich mir schon vorstellen, dass man das beinahe automatisch macht, wenn einem der Job so gar nicht gefällt und man sich mehr oder weniger nur dorthin schleppt und durch den Tag quält.
Aber andererseits hilft einem so eine Einstellung auch nicht dabei, die positiven Seiten, die der Job vielleicht doch auch hat, zu erkennen. Man schleppt sich dahin, freut sich auf den Feierabend, das Wochenende, den Urlaub und schließlich auf die Rente. So möchte ich das ehrlich gesagt nicht erleben. So etwas würde mich über kurz oder lang wohl ziemlich fertig machen.
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