Alle skurrilen Ortsnamen in Seriösere umbenennen?
Sowohl in Deutschland als auch in Österreich gibt es Ortschaften die skurrile, teils anstößige Ortsnamen haben. Unter anderem gibt es in Bayern zum Beispiel Orte wie Tittenkofen, Wichsenstein,Tuntenhausen oder Petting. Und auch andere Bundesländer können mit Ortsnamen wie Busenhausen, Pinkler, Kotzfeld & Co. dienen.
Wie in den Medien nun bekannt wurde, ändert der oberösterreichische Ort Fucking nun seinen Ortsnamen ab 01.01.2021 in Fugging um. Dies hat der Gemeinderat nach längeren Überlegungen beschlossen. Hintergrund hierfür ist unter anderem, dass der Ort Grundlage für zahlreiche Witze war und Touristen nicht nur Fotos geschossen haben sondern auch die Ortsschilder mehrfach gestohlen wurden.
Der bayerische Ort Fickenhof im Kreis Passau, ließ nun zum Beispiel aber verlauten, dass die Bewohner zu ihrem Ortsnamen stehen würden und eine Änderung in einen "harmloseren" Namen nicht in Betracht käme.
Wie seht ihr das, sollten alle skurrilen Orte ihren Ortsnamen in einen seriösen Namen umwandeln oder einfach zu ihrem Namen stehen? Seht ihr, abgesehen vom Ortsschildklau, tatsächlich einen Nachteil in einem solchen Ortsnamen? Wäre so ein Ortsname für euch sogar ein Grund dort nicht hinziehen zu wollen?
Für mich wäre das tatsächlich ein Grund nicht in so einen Ort zu ziehen, weil man sich ja immer Spott anhören muss. Ich gehe mal davon aus, dass das nun nicht wahnsinnige große Orte sind und daher muss man das ja dann mit jeder Behörde außerorts besprechen und das ist dann wirklich unangenehm. Solche Lästereien erspare ich mir dann eher und würde immer einen Ort mit einem normalen Namen bevorzugen. Das ist denke ich auch sinnvoll solche Orte dann umzubenennen. Gerade bei einem sexuellen Bezug muss man seinem Kind ja auch irgendwie erklären, warum Leute darüber lachen wo man herkommt.
Bei Fucking sehe ich es ja noch ein, weil diese Gemeinde es seit Jahrzehnten immer wieder in die Schlagzeilen schafft und die Ortschilder im 50er-Pack bestellen muss. Da ist der Unterschied zu Fugging nun wirklich nicht groß, und anders als bei Tittenkofen hatten die Fuckinger ja das Zusatzproblem, dass der Gag quasi weltweit verstanden wird. Haha.
Davon abgesehen denke ich mir: Wenn irgendein 500-Seelen-Kaff am Ende der Welt mehrheitlich beschließt, den albernen Ortsnamen zu entschärfen, ist das ja in Ordnung. Es wird sowieso mehrere Generationen lang dauern, bis sich derlei Änderungen durchsetzen. Und wenn die Einwohner von "hier Körperfunktionswitz einfügen" statt dessen eher stolz dazu stehen, Bumsenkofener zu sein oder was auch immer, passt das ja auch.
Außerdem sind "anstößige" oder skurrile Namen sowieso auch eine Frage der Gewöhnung. Bei uns in der Gegend gibt es beispielsweise "Kissing", und anders als bei Fucking und Petting interessiert es keine Sau, dass man mit etwas gutem Willen erotische Konnotationen zu diesem Ortsnamen finden kann.
Kenne das nur von Mönchengladbach, das früher einmal München-Gladbach hieß, daher oft fälschlich als Vorort von München angesehen wurde und deswegen umbenannt wurde, weil zwischen München und Mönchengladbach in Nordrheinwestfalen nahe der niederländischen Grenze ca. 500 Kilometer Entfernung liegen, und zum Beispiel Postpakete und Lieferungen oft nach Irrfahrt und Verzögerungen oder gar nicht beim Empfänger ankamen. Solch ein triftiger Grund überwog dann die Gegenargumente, wie bürokratischer Aufwand, Änderung der Schilder, Änderung von Personaldokumenten und so weiter.
Man darf auch nicht vergessen, dass es zur Zeit der Änderung noch keine ausgefeilten Postleitzahlensysteme wie heutzutage hierzulande gab. Nur grobe Einteilung nach 24a oder so. Die Neuordnung von Postleitzahlen führte dann zu genau dem gegenteiligen Vorgehen: Man wollte die Ortsnamen entrümpeln und deren Anzahl auf ein erträgliches Volumen reduzieren. Das führte dann später beispielsweise mit "Lahn 1" und "Lahn 2" wieder zu Missverständnissen, wo es lange falsche Zuordnungen gab, bis diese beseitigt wurden durch "Einschalten des Rückwärtsganges" mit Wiedereinführung der Klarnamen. Allerdings kam man dann mit nur vier Ziffern schließlich nicht mehr aus, was dann auch wieder geändert werden musste.
Bei den vorgeschlagenen Änderungen von Ortsnamen sieht man, dass zum Teil die Begriffe aus der englischen Sprache als Assoziation angegeben wird. Man sollte vielmehr dahingehend recherchieren, was die ursprüngliche Bedeutung der Ortsbezeichnungen der heute durch viele fremde Einflüsse verbogene Wahrnehmung darstellte. Vielleicht führt das dann zu einem ganz anderen Blickwinkel.
Ich könnte mir vorstellen, dass man bei einem Ortsnamen wie Fucking auch Probleme in englischsprachigen Ländern bekommen kann, wo die Nennung des Namens vielleicht sogar als Provokation wahrgenommen wird. Oder wenn man Pech hat, wird die Nennung des Ortsnamens in der Adresse in EDV-Systemen automatisch "ausgeixt", weil es sich vermeintlich um einen verbotenen Ausdruck handelt.
Wobei einige skurrile Ortsnamen ja altehrwürdige Ortschaften repräsentieren, wie z.B. Tuntenhausen. Den Ort gibt es seit dem 13. Jahrhundert und er ist anscheinend nach einer Person namens Tunto benannt worden, zu einer Zeit, als man mit diesem Wort noch keine speziellen Assoziationen verbunden hat. Im Ort gibt es übrigens eine große Wallfahrtskirche, wo es auch schon eine jahrhundertelange Wallfahrtstradition gibt.
Die Ortsnamen haben meist eine Gründungsgeschichte, die der Grund für diesen Namen ist. Ich würde sie nicht dem jeweiligen Zeitgeist entsprechend umbenennen, nur weil sie einen skurrilen Namen haben. Ich hätte auch Fucking nicht umbenannt. Mir wäre die Wortverwandtschaft gar nicht aufgefallen. Diesbezüglich nach anzüglichen Wortparallelen zu suchen, finde ich pubertär.
Mich würde es nicht stören in Fucking oder Petting oder Tuntenhausen zu wohnen. Witze darüber finde ich so abwegig, dass ich darüber stehe. Wer weiß, welche anzüglichen Bedeutungen das Wort Fugging irgendwann mal hat? Fug als englisches Wort heißt übrigens auf Deutsch Mief und fuggy vermieft. Ist das besser?
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