Akademiker in Arbeiterfamilien eher unbeliebt?
Eine Kommilitonin von mir hat seit einigen Wochen einen neuen Freund. Dieser hat seine Wohnung im Mehrfamilienhaus der Eltern und daher hat sie die Eltern auch schon mehrfach getroffen. Diese haben aber nur kurz gegrüßt und man hat sich nie großartig miteinander unterhalten. Das fand sie mit der Zeit dann doch etwas merkwürdig, da sie das aus vorigen Beziehungen anders gewohnt war.
Ihr Freund hat ihr dann gebeichtet, dass ihre Eltern Akademikern gegenüber etwas skeptisch sind und diese häufig für arrogant und hochnäsig halten. Daher fänden sie die Idee nicht gut, dass er mit einer Akademikerin zusammen ist. Er selbst hat einen Ausbildungsberuf erlernt.
Habt ihr es auch schon erlebt, dass Menschen die eher aus Arbeiterfamilien kommen Akademiker unsympathisch finde und es vielleicht auch nicht mögen, wenn ihre Kinder einen Akademiker zum Partner haben? Warum ist das selbst in der heutigen Zeit noch zu beobachten, wo doch eigentlich fast jeder studieren geht?
Ich habe das auch schon erlebt. Und zwar bin ich vor fast zehn Jahren in meinen jetzigen Schützenzug eingetreten. Damals waren nahezu alle schon berufstätig, weil sie mit 16 Jahren die Schule beendet haben und eine Ausbildung gemacht haben. Einige waren auch schon fertig mit der Ausbildung. Aber da war kein Student bei. Trotzdem hatten sie ein Bild von Studenten oder Akademikern, das sie als faul, hochnäsig, arrogant, eingebildet und und und beschrieben hat. Traurigerweise konnte ich das an ihrem Verhalten oder sagen wir an dem Verhalten der meisten Personen auch ganz deutlich spüren und einer hat es mir auch offen gesagt.
Mittlerweile hat sich das nach zehn Jahren gelegt und teilweise kann ich es umgekehrt auch schon so halb bestätigen aber das verhalten an sich beziehungsweise die Vorurteile waren da und waren mir bekannt. Aber manche Menschen haben eben solche Vorurteile, hier im Forum war ja auch mal ein Bericht, in dem stand, dass eine Person Studenten als Schmarotzer betrachtet, weil die so lange nicht arbeiten und nur in der Universität rumgammeln würden. Was soll ich dazu noch großartig sagen? Aber vielleicht ist die Tatsache, dass viele Leute studieren, viel mehr als früher, ja der Grund dafür. Das Handwerk bleibt unterbesetzt und muss gucken, wo es qualifizierte Kräfte her bekommt.
Dass "fast jeder studieren geht", ist mir erstens neu und zweitens machen einen ein paar Semester Sozialpädagogik, bevor man abbricht, noch lange nicht zum Akademiker. Aber ganz davon abgesehen halte ich es für relativ normal, dass Menschen Vorurteile haben, wenn irgend etwas "anders" ist, als sie es gewohnt sind, und dazu gehört eben auch das Bildungslevel, wenn man es denn so nennen darf. Ich selber bin hier skeptisch - mir sind einfach schon zu viele strohdumme "Akademiker" begegnet, und zu viele intelligente und geistig regsame Angehörige der "Arbeiterschicht".
Ich selber stehe hier mittendrin, und kann daher beide Seiten irgendwo verstehen. Ich entstamme der "Arbeiterschicht", habe aber einen Uni-Abschluss, gelte also irgendwo auch als "Akademikerin". Von daher verstehe ich einerseits, dass jemand, der mit 16 in die Lehre gegangen ist und seitdem im klassischen Sinne gearbeitet hat, Vorurteile gegenüber Leuten hat, die bis jenseits der 30 anscheinend nichts "tun" außer lesen, am Computer tippen und klug daherreden.
Umgekehrt finde ich auch, dass Akademiker aus Akademikerfamilien sich oft gar nicht vorstellen können, dass es auch Leute gibt, die nicht bis jenseits der 30 an der Uni herumgammeln und die die "arbeitende Bevölkerung" durchaus mit einer gewissen Herablassung behandeln und beispielsweise keine fundierte politische Meinung oder kein Geschmacksurteil in kulturellen Dingen zutrauen. Dadurch macht sich natürlich keine Seite bei der anderen beliebt.
Meine Eltern fanden es auch nicht gut, dass ich studiert habe. Das sind aber auch die typischen AfD-Wähler die halt ein Problem damit haben, dass sie 40 Stunden pro Woche arbeiten gehen und 1500 Netto verdienen, während der Akademiker für die selbe Arbeitszeit das Doppelte erhält. Mein Vater hatte auf der Arbeit auch immer Probleme mit dualen Studenten die wohl der Meinung waren, dass sie alles besser wissen, weil sie ja schon 2 Semester studiert haben.
Ich denke, dass der Mensch Vorurteile hat, wenn er etwas nicht kennt. So hat man vielleicht ein bestimmtes Bild im Kopf von der leichten Arbeit, der guten Bezahlung und dem lockeren Studentenleben während man selber jeden Tag hart schuftet und sich quält. Das es oft nicht so einfach ist, sieht man wohl erst, wenn man dann tatsächlich Kontakt zu Akademikern hat. Ich würde dem Ganzen einfach seine Zeit lassen und letztendlich wird es den Eltern wohl auch hauptsächlich auf das Glück des eigenen Kindes ankommen.
Ramones hat geschrieben:Ich denke, dass der Mensch Vorurteile hat, wenn er etwas nicht kennt. So hat man vielleicht ein bestimmtes Bild im Kopf von der leichten Arbeit, der guten Bezahlung und dem lockeren Studentenleben während man selber jeden Tag hart schuftet und sich quält. Das es oft nicht so einfach ist, sieht man wohl erst, wenn man dann tatsächlich Kontakt zu Akademikern hat.
Ist dir schon mal in den Sinn gekommen, dass man vielleicht schon Kontakt zu Studenten gehabt hat, aber diese als absolut arrogant und hochnäsig empfunden hat? Ich habe selbst studiert und bin wie Gerbera aus der Arbeiterschicht und mir sind zu Studienzeiten einige Studenten aufgefallen, die offensichtlich aus einer Akademikerfamilie stammten und die deswegen total arrogant, überheblich und eingebildet gewesen sind und das die anderen Menschen ständig spüren lassen mussten.
Lies dir doch mal die Beiträge von Crispin durch. Da schwingt ständig mit, dass sie sich als was besseres fühlt, weil sie studiert hat, als wären ehemalige Auszubildende total die Unterschicht und weniger Wert als Ungeziefer. Wenn jemand aus einer Arbeiterfamilie dann mehrere solcher Leute trifft, ist es doch kein Wunder, dass diese Akademiker so unbeliebt sind. Das hat aber nicht immer was mit Vorurteilen zu tun, sondern einfach mit schlechten Erfahrungen.
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