Ärzte als grundsätzlich unpolitisch bezeichnen?

vom 30.01.2018, 05:48 Uhr

Ein Bekannter von mir ist frisch mit dem Medizin-Studium fertig geworden und arbeitet gerade an seiner Promotion. Wir kamen neulich auf das Thema Ärzte und Politik an sich zu sprechen, wobei er meinte, dass Ärzte grundsätzlich unpolitisch seien. Sie seien viel zu sozial veranlagt und würden helfen wollen und würden sich daher auch gar nicht zur Wehr setzen, wenn sie durch die Politik Nachteile bekämen.

Interessante These. Aber kann man das wirklich so pauschalisieren? Haltet ihr so eine Aussage für schlüssig? Kennt ihr vielleicht selbst Ärzte aus dem privaten Bereich und könnt ihr diesen Eindruck bestätigen oder ist das kompletter Unsinn?

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



Der Bekannte scheint sein Studium mit einer rosaroten Brille verbracht zu haben. Mediziner haben in den seltensten Fällen ein Helfersyndrom. Die meisten machen ihren Job, ein anderer Teil geht in seinem Fachgebiet auf und besitzt das Ego eines Fesselballons. :lol: Aber die leben nicht im luftleeren Raum und bekommen sowohl als normaler Mensch als auch als Mediziner die Auswirkungen der Politik voll mit.

Entsprechend kenne ich tatsächlich privat nur einen guten Samariter. Auf den kommen in meinem Dunstkreis aber über 40 Mediziner mit Meinung. Was die nun tun, außer sich ab und zu dazu zu äußern, das hängt ganz stark vom jeweiligen Typ und der persönlichen Lebenssituation an. Da unterscheiden sich Mediziner nun absolut nicht von anderen Menschen.

Ein Freund der Familie war Vorstand der Ärztekammer. Er ging auf die Rente zu und seine Praxis lief. Der hatte keine Nachteile zu fürchten und deshalb auch kein Problem damit, sehr laut bei Politikern, im Gesundheitsministerium und bei Kassenvertretern zu nerven.

Ein Bekannter war Privatdozent und wartete auf eine Professur mit geeigneter Chefarztstelle an einer Uniklinik und hat in die Tischkante gebissen. Politisch war der beim Date, ansonsten ging es um guten Ruf und Forschungsgelder. Die Politik war definitiv ein Thema, aber seine Karriere war näher. Heute leitet er seine Abteilung und lehrt. Er ist etwas unbequemer geworden, aber viel geht nicht, schließlich darf er auch keinen Verärgern, wenn er keine Konsequenzen spüren möchte.

Dazu kommen einige mit eigener Praxis. Die meisten haben eine Meinung. Aber eigentlich sind sie damit beschäftigt, den Alltag zu bewältigen. Eine Praxis, die noch bezahlt werden muss, und kleine Kinder lassen nicht viel Luft. Das ist bei Ärzten nun wirklich nicht anders als bei anderen.

» cooper75 » Beiträge: 13429 » Talkpoints: 519,52 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Kein Mensch ist unpolitisch, auch kein Arzt. Immerhin leben wir in einem gewissen System und haben dazu eine Meinung, haben auch gewisse Ansprüche an das eigene Leben und natürlich meckert auch ein Arzt mal. Gerade bei irgendwelchen Kürzungen oder Bestimmungen durch Krankenkassen habe ich eigentlich noch keinen Arzt nicht meckern gehört.

Schön, dass dein Bekannter da noch so locker ist, aber das wird er auch nicht mehr lange sein. Spätestens, wenn er im Krankenhaus arbeitet, wird er sehen dass nicht alles immer toll ist und sich eine Meinung bilden.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



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