Abtreibung ohne schlechtes Gewissen nicht in Ordnung?

vom 12.01.2015, 10:37 Uhr

Im Bekanntenkreis haben wir uns letztens über Abtreibung unterhalten und es waren auch zwei Personen dabei, die sehr religiös sind, so dass ich nicht wirklich die Wahrheit sagen konnte, sondern meine Meinung eher für mich behalten habe. Die beiden waren auf jeden Fall der Ansicht, dass Frauen heute zu leichtsinnig abtreiben, obwohl es vor der Abtreibung Beratungsgespräche und dergleichen gibt. Mit einer Pille kann man noch bis zu 15 Woche abtreiben und das ist oft wenig schmerzvoll und irgendwie eben auch sehr einfach. Das dürfe aber nicht sein, denn damit würden die Frauen es sich zu einfach machen und viele hätten danach nicht einmal ein schlechtes Gewissen.

Ich habe noch nie abgetrieben und meine Pille macht eine Schwangerschaft unmöglich. Die meisten Frauen werden nach Absetzen meiner Pille sogar ein bis zwei Jahre später nicht schwanger. Trotzdem würde ich zu den Frauen gehören, die nach einer Abtreibung mit dieser Abtreibungspille keinerlei Gewissensbisse hätten. Für mich ist das in diesem Moment ein Zellklumpen ohne Emotionen und Empfindungen und ich wüsste nicht, warum sein Leben über dem meinen stehen sollte. Aus einem glücklichen Menschen könnten so zwei unglückliche werden und selbst wenn das Kind irgendwann mal sein Glück findet, sehen manche Mütter es für den Rest ihres Lebens, als Fehler an und geben dem Kind die Schuld an einem unglücklichen Leben.

Zu Zeiten wo eine einfache Abtreibung noch nicht möglich war, hatten Frauen auch Gründe Kinder nicht haben zu wollen und diese waren auch nicht immer wegen finanziellen oder gesundheitlichen Problemen. Manche wollten eben einfach nicht. Und dann haben sie versucht sich in den Bauch zu schlagen, sich von der Treppe zu werfen oder das Kind mit Alkohol zu vergiften. Ich denke, dass das dann doch ein gutes Beispiel dafür ist, dass man es Frauen selbst überlassen sollte, ob sie das Kind austragen wollen oder nicht.

Das ist immer noch besser, als wenn Frauen sich deswegen umbringen. Für mich stünde in solchen Momenten auch mein eigenes Wohl im Vordergrund und ich würde bei einer Abtreibung kein schlechtes Gewissen haben, selbst wenn die Gründe eher vage wären, wie beispielsweise, dass es mir einfach nicht passt. Ich wüsste einfach nicht, warum ich mein Leben für einen Zellklumpen wegwerfen sollte, der von der Abtreibung nichts merkt.

Seit ihr auch der Meinung, dass Frauen heute zu leichtsinnig abtreiben und das es nicht in Ordnung ist, wenn sie es ohne schlechtes Gewissen tun? Warum sollte man eurer Meinung nach ein schlechtes Gewissen haben, einen ''Zellklumpen'' abzutreiben? Findet ihr es sollte deswegen eine Änderung der Regelungen für eine Abtreibung geben?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich bin absolut für die freie Entscheidung zur Abtreibung. Ob mit richtig guten Gründen oder mit vagen Gründen. Niemand sollte ein Kind bekommen, das er nicht haben will. Und keine Kinder sollten so ungewollt zur Welt kommen müssen.

Aber wenn man trotz der vielfältigen Möglichkeiten zu verhüten dennoch schwanger wird und es so erst notwendig wird, diese Entscheidung zu treffen und dieses mögliche Leben zu beenden, kann man ruhig mal ein schlechtes Gewissen haben. Das bedeutet nicht, dass man wegen dem schlechtem Gewissen keine Abtreibung vornimmt. Aber man sollte es bereuen, diesen Fehler gemacht zu haben und daraus lernen, ihn nie wieder zu machen.

Ich habe schon von mehreren jungen Frauen gehört, die bereits mehrmals abgetrieben haben. Und das finde ich dann schon sehr krass. Da hat man dann das Gefühl, dass es für sie eine Verhütungsmethode ist, aber das darf es eben definitiv nicht sein. Denn man beendet mögliches Leben, auch wenn es zu dem Zeitpunkt nur ein Zellhaufen ist. Man kann doch nicht ständig zeugen und abtreiben, zeugen und abtreiben. Das ist verantwortungslos und gewissenlos.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Abtreibungsgegner antworten oft, dass Frauen, die abtreiben, es bereuen. Wenn diese nun sagen, sie hätten kein schlechtes Gewissen, widersprechen sie sich selbst.

Warum sollten sie sich ein schlechtes Gewissen machen? Es war in ihrer Situation die richtige Entscheidung. Man ist vielleicht zu jung, arbeitslos, hat kein Geld, wäre alleinerziehend, hat Familienplanung abgeschlossen, ist ungewollt trotz Verhütung schwanger oder etwas schlimmes ist vorgefallen (Vergewaltigung/Kind behindert).

» armeskaenguru » Beiträge: 14 » Talkpoints: 3,99 »



Ich höre das öfters mal von den Religiösen, dass Frauen ja so leichtfertig abtreiben würden, aber wenn ich dann mal nach Fakten, Statistiken und Zahlen frage, mit denen diese Aussage belegt werden kann, kommt nichts. Solche Aussagen, die nur dazu dienen um die eigene Position zu stärken und die mit der Realität wenig zu tun haben, kann ich nicht ernst nehmen.

Natürlich wollen solche Menschen, die die Frauenrechte am liebsten auf den Stand von vor hundert Jahren zurücksetzen würden, Frauen, die eine Abtreibung hatten, ein schlechtes Gewissen einreden. Da ist dann auch immer von einem "Kind" die Rede wenn es sich eigentlich um einen Fötus handelt. Das dient natürlich auch dazu den Frauen einzureden, dass man da wirklich einem Menschen schadet und nicht einer Ansammlung von Zellen, die sich in dem Stadium kaum von anderen Säugetieren unterscheidet.

Ich würde mir in so einem Fall von niemandem ein schlechtes Gewissen einreden lassen. Wenn jemand ein Problem damit hat, dass ich selber über meinen Körper bestimmen möchte, soll er halt auswandern. Es gibt schließlich genug Länder, in denen Frauen unterdrückt werden und kein Recht am eigenen Körper haben, vielleicht wird er dort ja glücklich.

Und wem gegenüber ist eine Abtreibung übrigens verantwortungslos? Der Spezies Mensch gegenüber? Weil wir ja kurz vor der Ausrottung stehen und zur Arterhaltung unbedingt mehr Nachwuchs zeugen müssen? Und wenn die Antwort darauf jetzt "den potentiellen Menschen gegenüber" sein sollte - da müsste man dann auch jede Art der Verhütung als "verantwortungslos" bezeichnen. So groß ist der Unterschied zwischen einer befruchteten und einer unbefruchteten Eizelle nämlich nicht.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Cloudy24 hat geschrieben:Und wem gegenüber ist eine Abtreibung übrigens verantwortungslos? Der Spezies Mensch gegenüber? Weil wir ja kurz vor der Ausrottung stehen und zur Arterhaltung unbedingt mehr Nachwuchs zeugen müssen? Und wenn die Antwort darauf jetzt "den potentiellen Menschen gegenüber" sein sollte - da müsste man dann auch jede Art der Verhütung als "verantwortungslos" bezeichnen. So groß ist der Unterschied zwischen einer befruchteten und einer unbefruchteten Eizelle nämlich nicht.

Dann fändest du es in Ordnung, wenn Frauen statt die Pille zu nehmen einfach immer mal wieder einen Schwangerschaftstest machen und gegebenenfalls abtreiben? So alle zehn Wochen ein Test. Vielleicht sind die nicht alle positiv, also vielleicht so drei bis vier Abtreibungen im Jahr. Ich finde schon, dass da ein Unterschied besteht. Aus einer unbefruchteten Eizelle wird auch in hundert Jahren kein Mensch.

Ich sag ja gar nicht, dass nicht alle diese Frauen abtreiben sollen. Aber so leichtfertig wie ein Mal die Woche den Müll rausbringen, sollte es nicht gemacht werden. Wenn doch, sollte es die Pille danach im Supermarkt geben und die Abtreibungspille gleich daneben. Ist das eine gute Alternative?

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Abtreibung sollte kein Verhütungsmittel sein, aber abgesehen davon finde ich, dass man mit der bewusst getroffenen Entscheidung auch kein schlechtes Gewissen entwickeln muss. Man muss mit dieser Entscheidung leben und wenn man sie getroffen hat, brauch sie einen auch nicht mehr plagen. Man muss eben dahinter stehen, was man da getan hat.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Jeder ist selber für seinen Körper verantwortlich und sollte damit vernünftig umgehen. Eine Abtreibung macht man nicht mal eben so und es kann zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen. Vielleicht kann man danach nie wieder ein Kind bekommen. Von daher sollte der erste Weg sein, überhaupt nicht ungewollt schwanger zu werden. Das ist in der heutigen Zeit durchaus machbar und auch für schusselige und chaotische Menschen gibt es geeignete Methoden.

Wenn es aber doch passiert, sollte man sich eben dafür oder dagegen entscheiden und für mich macht es keinen Sinn, sich dagegen zu entscheiden und dann ein schlechtes Gewissen zu haben. Denn das würde doch bedeuten, dass man nicht so ganz hinter dieser Entscheidung gestanden hat. Ansonsten müsste man doch kein schlechtes Gewissen haben.

Ich bin auf jeden Fall für Abtreibungen, da niemand gezwungen werden sollte, ein Kind groß zu ziehen. Für mich selber käme das aber auch bei einer ungewollten Schwangerschaft nicht in Frage.

Ich glaube auch nicht dass besonders viele Frauen leichtsinnig abtreiben. Das ist wirklich nur ein kleiner Prozentsatz, der da wirklich leichtsinnig und ohne Nachdenken handelt. Die meisten Frauen werden schon darüber nachgrübeln und sich damit auseinander setzen. Und wenn dann die Entscheidung gegen das Kind getroffen wird, dann finde ich es in Ordnung.

» JadeC » Beiträge: 677 » Talkpoints: 1,71 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Bienenkönigin hat geschrieben:Dann fändest du es in Ordnung, wenn Frauen statt die Pille zu nehmen einfach immer mal wieder einen Schwangerschaftstest machen und gegebenenfalls abtreiben?

Das ist sicher nicht gut für den Körper und im Sinne der Allgemeinheit würde ich auch anführen, dass man die Ressourcen im medizinischen Bereich sinnvoller einsetzen sollte. Aber das Argument könnte man in vielen Fällen anführen, in denen das eigene Verhalten dazu führt, dass man einen Arzt braucht oder brauchen könnte.

Wenn ich sagen würde, dass jemand in so einem Fall zumindest einen Teil der Kosten der Abtreibung selber übernehmen sollte, müsste ich auch dafür plädieren, dass ich eine Rechnung bekomme, wenn ich mich auf der Skipiste lang lege. Sich auf ein Brett stellen und einen Hang runter fahren ist auch nicht gerade "verantwortungsvoll" gegenüber dem Gesundheitssystem.

Aber davon mal abgesehen, ja, natürlich ist das in Ordnung. Ich habe nicht das Recht darüber zu bestimmen oder zu urteilen, was jemand anders mit seinem Körper und seinem Leben macht, so lange dabei niemand anderes zu Schaden kommt. Und da ich nicht zu den Menschen gehöre, die einen Fötus mit einem Menschen verwechseln, sehe ich keinen Schaden.

Wenn doch, sollte es die Pille danach im Supermarkt geben und die Abtreibungspille gleich daneben. Ist das eine gute Alternative?

Eine Alternative zu was? Einer qualifizierten medizinischen Beratung, die der Patientin sagt, wie sie die Medikamente anwenden muss? Es gibt einen Grund, warum bei uns nicht alle Medikamente frei verkäuflich sind und das hat nichts mit Moralvorstellungen zu tun.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Cloudy24 hat geschrieben:Ich habe nicht das Recht darüber zu bestimmen oder zu urteilen, was jemand anders mit seinem Körper und seinem Leben macht, so lange dabei niemand anderes zu Schaden kommt. Und da ich nicht zu den Menschen gehöre, die einen Fötus mit einem Menschen verwechseln, sehe ich keinen Schaden.

Ich will auch nicht darüber bestimmen. Aber ich gebe zu, dass ich das ganz persönlich ein wenig verurteile. Nicht die Abtreibung an sich. Aber meiner Meinung nach kann man sich ruhig ein bisschen schlecht fühlen. Es ist zu einfach zu vermeiden. Auch wenn ich in einem 12 Wochen alten Fötus auch noch kein fühlendes Wesen sehe. Aber ich kenne Frauen, die schon mehrfach abgetrieben haben und die sind mir einfach unsympathisch.

Übrigens muss man für eine Abtreibung zahlen. Und die Beratung ist natürlich auch wichtig wegen dem Medizinischen, da hast du Recht. Da bin ich über´s Ziel hinausgeschossen. Aber ein paar Wochen oder Monate später wäre daraus ein Mensch geworden. Das lässt sich doch nicht von der Hand weisen.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Bienenkönigin hat geschrieben:Übrigens muss man für eine Abtreibung zahlen.

Oh, das wusste ich nicht. Ich habe immer angenommen, dass das von der Krankenkasse übernommen wird, weil es da doch irgendeine Beratung vorher gibt und eine Indikation gegeben sein muss für die Abtreibung. Ich habe mich mit den Details aber ehrlich gesagt noch nie genauer befasst.

Aber ein paar Wochen oder Monate später wäre daraus ein Mensch geworden. Das lässt sich doch nicht von der Hand weisen.

Das ist natürlich richtig, aber wie schon gesagt sehe ich den Unterschied zu einer Eizelle, die nicht befruchtet wird, weil ich das schon von vorne herein verhindere, eben nicht. Daraus wäre vielleicht auch ein Mensch geworden, wenn ich nicht verhütet hätte.

Aber die Grenzen sind in dem Bereich eh recht willkürlich gezogen. Man kann über den veränderten legalen Status einer Eizelle nach der Befruchtung diskutieren, man könnte sich aber auch fragen wie die Regelung über legale Abtreibungen in den ersten drei Monaten begründet wird. Schließlich entwickeln sich nicht alle Föten genau gleich schnell.

Ganz davon abgesehen wäre mir eine Frau, die zu blöd ist um richtig zu verhüten, aber auch nicht gerade sympathisch. Durch ungeschützten Sex riskiert man schließlich nicht nur eine ungewollte Schwangerschaft sondern kann auch Krankheiten verbreiten.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


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