Abtreibung ohne schlechtes Gewissen nicht in Ordnung?

Aber ein paar Wochen oder Monate später wäre daraus ein Mensch geworden. Das lässt sich doch nicht von der Hand weisen.

Das ist natürlich richtig, aber wie schon gesagt sehe ich den Unterschied zu einer Eizelle, die nicht befruchtet wird, weil ich das schon von vorne herein verhindere, eben nicht. Daraus wäre vielleicht auch ein Mensch geworden, wenn ich nicht verhütet hätte.

Bei einer unbefruchteten Eizelle sind es doch noch viel mehr "wenns". Aus dieser Eizelle wird ein Mensch, wenn die Trägerin Geschlechtsverkehr hat. Und zwar ungeschützt. Mit einem zeugungsfähigen Mann, dessen Spermien überhaupt so weit kommen. Das Ganze zum richtigen Zeitpunkt.

Eine befruchtete Eizelle in der 12. Woche hingegen benötigt kein einziges Wenn mehr, um ein Mensch zu werden. Nur Zeit. Und es ist schon deutlich mehr als ein Zellhaufen. Man erkennt einen Kopf, Arme und Beine. Wie gesagt, ich halte es auch noch nicht für ein fühlendes Wesen. Aber wie du auch sagst, die Grenzen sind nicht klar, die Entwicklung nicht bei jedem Fötus gleich und auch ziemlich willkürlich.

Ich finde, es gibt genug Grund, sich ein wenig schlecht zu fühlen. Vielleicht ist "schlechtes Gewissen" der falsche Ausdruck. Aber man hat Mist gebaut. Man hat etwas produziert, was wieder zerstört werden muss. Ich würde mich damit nicht gut fühlen und auch nicht gleichgültig. Egal wie gut die Gründe sind, die für eine Abtreibung sprechen.

Aber für mich stand auch schon immer fest, dass es für mich persönlich keine guten Gründe gibt. Ich glaube, selbst wenn ich mit 12 Jahren vergewaltigt worden wäre, hätte ich es bekommen. Aber das gilt nur für mich persönlich. Ich bin für das Recht auf Abtreibung. Allen Frauen zugute und auch den Föten zuliebe. Aber es hat eben alles zwei Seiten.

Je mehr ich mich damit beschäftige, desto eindeutiger wird diese Entscheidung, dass ich niemals abtreiben würde. Letztens haben wir hier über die Abtreibungspille geredet. Nach der Einnahme verhungert der Fötus über drei Tage hinweg. Das ist schon heftig. Ich meine, niemand kann wirklich mit Sicherheit sagen, wie viel er davon mitbekommt.

Letztens haben wir hier über die Abtreibungspille geredet. Nach der Einnahme verhungert der Fötus über drei Tage hinweg. Das ist schon heftig. Ich meine, niemand kann wirklich mit Sicherheit sagen, wie viel er davon mitbekommt.

Ich habe ein großes Problem mit der Art und Weise, wie sich Abtreibungsgegner ausdrücken. Entweder, weil sie es tatsächlich nicht besser wissen, sich aber für gut informiert halten oder weil sie bewusst falsche Begriffe benutzen um andere auf emotionaler Ebene zu manipulieren.

Wir wissen eigentlich ziemlich gut was nötig ist damit ein Organismus Reize wahrnehmen, verarbeiten und interpretieren kann und wir wissen auch ziemlich gut, was sich beim Menschen wann entwickelt. Ich verstehe immer nicht, warum dann solche Phrasen nach dem Motto "man weiß ja nie" bemüht werden, wenn man diese Informationen einfach recherchieren könnte. Wenn man das mit Sicherheit sagen wollte könnte man es. Aber ohne klare Aussage ist es eben einfacher den Frauen ein schlechtes Gewissen zu machen.

Das nächste Problem habe ich mit dem Begriff "verhungern". Ein Fötus nimmt natürlich keine Nahrung zu sich, also passt der Begriff schon mal nicht. Der Vergleich mit einem Tumor, der von den Blutgefäßen, die ihn versorgen, abgeschnitten wird, und sich darauf hin zurückbildet, wäre wesentlich passender. Aber warum wird das dann so nicht gesagt? Weil man mit dem Begriff "verhungern" natürlich einen Zustand verbindet, den man selber als ganz schlimm empfinden würde.

Ich möchte dir hier übrigens nicht vorwerfen, dass du Begriffe absichtlich falsch verwendest oder jemanden manipulieren willst, ich hoffe du verstehst das nicht falsch. Ich sehe das ganz oft wenn es um Frauenrechte geht und meistens ist es keine böse Absicht wenn sich jemand falsch ausdrückt, aber wenn man einmal sensibilisiert ist kann man so etwas nicht mehr übersehen und ich bemühe mich deshalb mich bei dem Thema sachlich korrekt auszudrücken und auf Fehler hinzuweisen.

Wir wissen eigentlich ziemlich gut was nötig ist damit ein Organismus Reize wahrnehmen, verarbeiten und interpretieren kann und wir wissen auch ziemlich gut, was sich beim Menschen wann entwickelt.

Dennoch gibt es dazu doch unterschiedliche Ansichten, oder?! Es kommt ja auch immer darauf an, wie diese theoretischen Ergebnisse interpretiert werden. Bei Tieren ist es doch nicht anders. Theoretisch wissen wir das alles. Aber gestehen wir ihnen deshalb das gleiche Schmerzempfinden zu wie beim Menschen? Gerade bei Fischen sind viele der Meinung, sie würden keine Schmerzen empfinden. Ich denke, das liegt nur daran, dass sie nicht schreien. Aber jedes Tier muss Schmerzen empfinden können, sonst würde es Gefahren nicht aus dem Weg gehen.

Ich möchte dir hier übrigens nicht vorwerfen, dass du Begriffe absichtlich falsch verwendest oder jemanden manipulieren willst, ich hoffe du verstehst das nicht falsch. Ich sehe das ganz oft wenn es um Frauenrechte geht und meistens ist es keine böse Absicht wenn sich jemand falsch ausdrückt, aber wenn man einmal sensibilisiert ist kann man so etwas nicht mehr übersehen und ich bemühe mich deshalb mich bei dem Thema sachlich korrekt auszudrücken und auf Fehler hinzuweisen.

Nein, das versteh ich absolut nicht falsch. Du hast auch Recht. Die Formulierung "der Fötus verhungert" habe ich auf einer Seite gelesen, die wenigstens abtreibungskritisch war. Ich habe das beim Lesen erkannt und für parteiisch/unseriös gehalten. Aber dann habe ich es vergessen. Was hängen geblieben ist, ist das Bild des verhungernden Fötus.

Ich musste heute an die kleinen Mäusebabys denken, die ich letztes Jahr gefunden habe, nachdem die Gemeinde eine öffentliche Grünfläche mähen ließ. Es waren zwei Mäuse. Einer dritten wurde die Schnauze abgemäht; sie war schon tot. Nachdem die Mutter auch am nächsten Tag nicht wieder da war, habe ich die Kleinen mit nach Hause genommen. Sie waren aber noch zu jung. Die Augen waren noch zu und sie ließen sich nicht füttern. Ich habe sie ins Tiefkühlfach getan, damit es schnell geht. Meine Mutter war entsetzt; sie meinte, ich hätte sie mit einem Stein erschlagen sollen. Aber das hätte ich nicht gekonnt.

Ebenso musste ich an Känguruhs denken. Sie gebären ihr Junges bereits nach 20 bis 40 Tagen. Dieses ist aber noch total unterentwickelt, krabbelt aber selbständig zur Zitze, wo es sich noch mehrere Monate weiterentwickelt. Zu diesem Zeitpunkt sehen sie einem Menschenembryo noch ziemlich ähnlich, wie hier Oppossumjunge. Auch dieses kleine Wesen könnte ich nicht ohne Weiteres erschlagen oder ihm dabei zusehen, wie es verhungert.

Ich finde, dass jede Frau selbst entscheiden können sollte, ob sie ein Kind abtreiben möchte oder eben nicht. Da hat sich niemand einzumischen und das sollte auch niemand verurteilen. Wer weiß wie man selbst reagieren würde, wenn man in denselben Schuhen stecken würde. Man weiß ja auch oft die Details dieser Entscheidung gar nicht, sondern erfährt nur die Fakten, also dass abgetrieben worden ist.

Ich käme nie auf die Idee, jemanden für eine Abtreibung zu verurteilen oder blöd anzumachen. Für mich persönlich käme das nie in Frage, weil ich das gar nicht verkraften würde. Ich käme mir immer so vor, als würde ich etwas Unschuldiges töten, da gerade ein Kind ja am wenigsten dafür kann, dass es eben existiert. Auch wenn die Situation schlecht und auswegslos wäre würde ich das als Herausforderung ansehen und dennoch meistern wollen. Ich kann aber auch Frauen verstehen, die sich dann überfordert fühlen und die eine andere Definition von "Leben" haben als ich.