Ab welcher Klasse sollten Schüler ihre Lehrer siezen?

vom 09.07.2016, 11:08 Uhr

Bei mir war es in der Schulzeit so, dass wir in der Grundschule alle Lehrer duzen durften. Auch auf dem Gymnasium durften wir die Lehrer anfangs noch duzen. Ab der achten Klasse sollten wir plötzlich alle Lehrer siezen.

Dieser plötzliche Wechsel vom Du zum Sie ist vielen aus unserer Klasse damals sehr schwer gefallen, da sie sich daran gewöhnt hatten, die Lehrer zu duzen und teilweise auch Lehrer dabei waren, die wir jahrelang geduzt hatten und plötzlich siezen sollten. Wenn ich heute darüber nachdenke, wäre es uns damals sicher leichter gefallen, wenn die Lehrer auf dem Gymnasium von Anfang an auf das Sie bestanden hätten.

Daher finde ich, sollten die Schüler ihre Lehrer ab der fünften Klasse siezen. Wie seht ihr das? Ab wann musstet ihr eure Lehrer siezen und ist euch der Wechsel vom Du zum Sie schwer gefallen? Ab welcher Klasse empfindet ihr es für sinnvoll, die Lehrer zu siezen?

» swipu91 » Beiträge: 580 » Talkpoints: 33,30 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Bei mir in der Grundschule war es damals völlig undenkbar eine Lehrerin zu duzen, da wurde nur "gesiezt". (Damals wurde jeder Erwachsene, auch wenn es Freunde der Eltern waren, nur gesietzt.) Bei unserer Tochter war es in der Grundschule die ersten beiden Jahre auch so, die Klassenlehrerin wurde ausschließlich mit "Sie" angesprochen.

Dann kam eine schwerhörige Lehrerin - kurz vor der Pension - und ohne jeden Plan als neue Klassenlehrerin für die 3 und 4 Klasse. Die Dame war dann für das allgemeine "Du"... Jetzt ist unsere Tochter im Gymnasium und das "Sie" ist wieder selbstverständlich. Für unser Mädchen und die gesamte Klasse ist es kein Problem.

» Rabenfreund » Beiträge: 11 » Talkpoints: 5,57 »


Ich bin noch von der "alten Schule". Bei uns war es üblich alle Erwachsenen mit "Sie" anzusprechen, wenn sie nicht verwandt oder befreundet waren. Das hat auch etwas mit "Abstand" zu tun. Es hat was mit Respekt zu tun und auch damit, dass man eben nicht auf einer Augenhöhe als Kind mit einem Erwachsenen ist. "Du Arschloch" ist schneller gesagt als "Sie Arschloch" und das habe ich in den Schulklassen meiner Kinder erlebt.

Meinen Kindern habe ich beigebracht, erwachsene Menschen mit Sie anzusprechen. Was andere Kinder gemacht haben war mir egal. Und mein Sohn kam einmal entsetzt von der Schule nach hause, als er in der ersten Klasse war. Ein Schüler hat seine Lehrerin bis aufs Übelste mit Schimpfworten beschimpft. Und da denke ich, dass dieser Abstand und Respekt einfach fehlte.

Ich denke auch, dass Kinder von Klein auf den Unterschied zwischen "Du" und "Sie" kennen sollten und nicht jeden Erwachsenen einfach mit "Du" ansprechen sollten. Denn so ist die Vertrautheit zu fremden Leuten auch nicht so gegeben, wie es manche Kinder sehen. Ich kenne viele Kinder, die jeden Erwachsenen mit "Du" ansprechen und einfach auch nicht mehr zwischen Freund, Fremden und Feind unterscheiden können. Sie sind vertraut mit jedem Erwachsenen und gehen dann auch mit jedem mit.

Was ist dabei, wenn man Kindern schon von Klein auf beibringt, dass man nicht jeden mit Du anspricht. Warum erst ab der 5. Klasse? Warum hat es früher geklappt und heute nicht mehr? Warum meint man, dass man diese Entscheidung den Kindern überlassen soll? Die Umstellung, wenn sie es nicht beigebracht bekommen haben ist doch viel schwerer als wenn man es ihnen von Anfang an sagt. Auch wenn mal ein "Du" herausrutscht. Aber sie wissen, dass man es nicht macht.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich bin in so einer absurden Zwischengeneration groß geworden. Die Klassenlehrerin, die ich in der ersten und zweiten Klasse hatte, hat traditionell auf Sie bestanden. Respektiert habe ich sie trotzdem nicht, weil sie einfach unfair zu den Schülern war und diese nicht gleichberechtigt behandelt hat. Ich habe mich bei ihr nur nach Außen hin höflich verhalten, weil ich wusste, dass das so sein muss.

In der zweiten und dritten Klasse hatte ich eine Klassenlehrerin, die da deutlich liberaler war, die es auch mochte, wenn man zu ihr "Du, Frau XY" gesagt hat. Das war familiärer und trotzdem waren wir zu ihr respektvoll, weil sie einfach eine tolle, engagierte, faire und charismatische Lehrerin war. Sie hätte es aber auch nicht toleriert, wenn jemand frech wurde. Die Mischung fand ich als Grundschulkind recht angenehm.

Am Gymnasium dann hatte ich solche und solche Lehrer. Von welchen, die als Herr Doktor XY angesprochen werden wollten bis hin zu solchen, die sich mit "Hallo, ich bin der Benno, lasst und doch am Nachmittag im Cafe XY treffen und es uns gemütlich machen" vorgestellt haben. Rückblickend war das eine spannende Zeit.

Allerdings habe ich mich mit diesem Lehrer, der sich mit uns im Cafe traf und auf Kumpel tat, und seinem angeblich modernen Konzept nie so richtig anfreunden können. Die Kumpelei ging nämlich genau so weit, bis ihm eine Arbeit nicht gefiel. Und beim Fach Deutsch gibt es ja da viel Spielraum, was einem Lehrer nicht gefallen kann. Da gab es oftmals schwer nachzuvollziehende Zensuren und dann Wut von den Schüler, weil man sich verarscht gefühlt hat. Das traf dann ganz besonders oft die, die nicht ins Cafe durften oder wollten. Letztlich habe ich für mich damals als Schüler beschlossen, dass das irgendwie eine Form von Selbstbetrug ist, wenn man sich so überbetont schülernah gibt. Denn letztlich ist und bleibt man als Lehrer in einer Machtposition. Und wer das nicht mag, sollte besser nicht an einer regulären Schule Lehrer werden.

Letztlich glaube ich, dass das Problem aber nicht nur am Du oder Sie liegt. Höflichkeit und Respekt ist mittlerweile als Ideal in der Gesellschaft so unter die Räder gekommen, dass Kinder auch unflätig zu Lehrern sind, die gesiezt werden. Mittlerweile haben viele Schüler leider kein Problem mehr, einem Lehrer "Sie sind ein Arschloch" ins Gesicht zu sagen. Viele Eltern haben die Kinder ja auch so erzogen, dass man Autoritäten nicht mehr respektieren soll und das macht sich bemerkbar. Egal, ob man andere Kinder bei sich und seinen Kindern zu Besuch hat oder ob man im Kindergarten auf Ausflügen mit betreut oder vor einer Klasse steht.

Ich bin kein Freund von Kadavergehorsam. Aber eine gewisse Basis an Respekt und Bewusstsein beim Kind darüber, dass es in der Hierarchie unter dem Lehrer oder Erzieher steht, hilft schon enorm, den Alltag zu entkrampfen. Ständig diese Kämpfe um Respekt und Benehmen kosten so viel Zeit, in denen man in Schulen und Kindergärten so viel sinnvollere Dinge lernen könnte. Von daher bin ich ganz froh, dass da langsam bei den jungen Eltern der Trend wieder Richtung mehr Respekt geht.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Bei uns mussten wir die Lehrer immer siezen, auch noch in der letzten Klasse, welche ich im Jahr 2012 besuchte. Dafür mussten wir den Lehrern nicht mehr die Hand geben, es reichte ein einfaches Hallo oder Guten Tag. Aber gegen ein generelles duzen habe ich eigentlich nichts einzuwenden, es könnte das Klassenklima vielleicht sogar verbessern.

» Bascolo » Beiträge: 3586 » Talkpoints: 0,29 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


swipu91 hat geschrieben:Bei mir war es in der Schulzeit so, dass wir in der Grundschule alle Lehrer duzen durften.

Das muss ja wirklich eine etwas komische Schule gewesen sein. Also mir wäre das absolut neu, dass man in der Grundschule die Lehrer oder die Lehrerinnen mit Hallo Horst oder Hallo Helga begrüßt hätte. Wir mussten die Lehrer ab der ersten bis zur letzten Klasse siezen und mir hat das nichts ausgemacht. Ich würde auch die Lehrer nicht verstehen, die sich von Kindern duzen lassen würden. Ein bisschen Distanz sollte da schon gewahrt bleiben.

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» falscher fuffziger » Beiträge: 153 » Talkpoints: 30,34 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich muss sagen, dass ich gerade etwas erstaunt über die Frage war, weil ich es so gar nicht kenne, dass man einen Lehrer in der Schule duzen darf. Das war zu meiner Schulzeit absolut nicht üblich und ich habe es auch von klein auf von meinen Eltern beigebracht bekommen, dass ich erwachsene Menschen siezen muss, wenn mir nichts anderes gesagt wird.

Das finde ich auch nicht problematisch und ich muss eigentlich sagen, dass ich es auch schöner und respektvoller finde, wenn das immer noch so gelten würde. Ich kann mir vorstellen, dass der Wechsel vom "Du" zum "Sie" sehr schwer ist, wenn man plötzlich ab der achten Klasse die Lehrer siezen muss. Darum wäre es auch für die Schüler sicher hilfreicher, wenn sie die Lehrer einfach immer siezen müssen.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



In der Grundschule sollten wir meine Lehrerinnen alle duzen, was ich damals total befremdlich fand. Meine Eltern hatten mich ganz anders erzogen und es nicht verstanden, wieso ich eine Lehrerin duzen sollte. Wir sollten sie aber trotzdem mit Frau XY ansprechen, was ich bis heute etwas unlogisch finde.

Auf dem Gymnasium mussten wir die Lehrer dann bereits ab Klasse 5 siezen. Ab Klasse 11, als die meisten Schüler schon sechzehn Jahre alt waren, mussten die Lehrer uns auch siezen, aber weiterhin mit Vornamen ansprechen.

Ich kenne aber auch ein paar etwas alternative Gesamtschulen, in denen die Schüler bis zum Abitur die Lehrer immer geduzt und mit Vornamen angesprochen haben. Ein Freund von mir, der sein Abi auf so einer Schule ablegte, meinte aber, dass der Respekt vor den Lehrern sehr wohl darunter gelitten hat, weil die Distanz einfach fehlte.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Wir haben die Lehrer damals in der Grundschule geduzt, aber mit Frau/Herr Sowieso angesprochen. Einzige Ausnahme war meine Klassenlehrerin der ersten und zweiten Klasse, deren Nachname zu lang für's Namensschild war, und die uns stattdessen einen Spitznamen genannt hat, mit dem wir sie ansprechen sollten. Ab der 5. Klasse wurden die Lehrer dann gesiezt, und ab der 9. oder 10. Klasse, meine ich, durften wir uns aussuchen, ob wir auch vom Lehrer gesiezt werden wollen.

Respektiert habe ich übrigens die meisten meiner Grundschullehrer sehr, obwohl ich sie duzen durfte. Andererseits habe ich trotz des "Sie" ein paar meiner Gymnasiallehrer kein bisschen respektiert, oder einfach weniger als die Grundschullehrer. Genauso habe ich mich nicht mehr respektiert gefühlt, nur, weil ein oder zwei Lehrer mich irgendwann gesiezt haben. Als wir das Abitur dann hatten, hat eine Lehrerin uns auch das Du angeboten und gesagt, wir sollen sie mit Vornamen ansprechen, aber deswegen respektiere ich sie doch nicht weniger.

Überhaupt finde ich die Aussage, dass man unbedingt das "Sie" braucht, um Respekt zu haben, irgendwie seltsam. Wie sollte es dann in anderen Sprachen sein, in denen es kein Du/Sie gibt, wie Englisch? Sind da alle respektlos, oder alle distanziert ihren besten Freunden gegenüber? Es gibt doch viel mehr Möglichkeiten, Respekt zu zeigen, als ob man nun "Du" oder "Sie" sagt.

» Kalu-chan » Beiträge: 718 » Talkpoints: 11,85 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Am Anfang der ersten Klasse durften die Kinder ihre Lehrerin noch duzen. Ich habe das nur durch Zufall mitbekommen. Wir suchten eine neue Schule mit mehr Begabtenförderung. Deshalb konnte unsere Tochter einen Tag zur Probe unterrichtet werden. Dort schrieben sie aber erst mit Bleistift in Druckbuchstaben. Als die Lehrerin das am nächsten Tag in ihrem Heft sah, fragte meine Kleine sie gleich: "Bist du jetzt sauer?"

Das erzählte mir halt die Lehrerin und so bekam ich halt am Rande mit, dass sie sie duzen durften. Sie nannten sie auch nicht beim Vornamen, sondern wie sie es bereits im Kindergarten lernten, sprachen sie diese mit Frau ..... an. Ich fand das durchaus ok. Schließlich war die Lehrerin ja sehr erfahren und wusste, was sie tat. Unser Kind hatte jedenfalls keinen Schaden genommen und die Lehrerin auch immer mit dem nötigen Respekt behandelt.

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» Quasselfee » Beiträge: 2143 » Talkpoints: 30,45 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


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