100.000 Euro Geldstrafe für Alkoholiker realistisch?

vom 27.11.2015, 11:18 Uhr

Heute im Radio habe ich eine Nachricht darüber gehört, wie ein alkoholkranker Vater sein drei Monate altes Kind so stark misshandelt hat, dass dieses jetzt sein Leben lang schwer behindert sein wird. Der Täter bekam 7,5 Jahre Gefängnis, eine Zwangsentziehungskur und eine Geldstrafe von 100.000 Euro. Außerdem solle er für den Rest der Zeit für die Finanzierung des Kindes aufkommen. Aber ist das nicht etwas unrealistisch?

In dem Beitrag wurde nicht erwähnt, welchen Beruf er hatte, aber wer Alki ist und sich auch noch so asozial verhält, wird sicherlich nicht Arzt oder Anwalt sein. Wie kann man dann erwarten, dass er so hohe Summen aufbringt? Gerade, weil er jetzt für die nächsten Jahre hinter Gitter muss, wird er doch keine Möglichkeit haben, so viel Geld zu erwirtschaften. Was hat es also mit so einer hohen Geldstrafe auf sich?

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 27.11.2015, 11:31, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Cappuccino hat geschrieben:In dem Beitrag wurde nicht erwähnt, welchen Beruf er hatte, aber wer Alki ist und sich auch noch so asozial verhält, wird sicherlich nicht Arzt oder Anwalt sein. Wie kann man dann erwarten, dass er so hohe Summen aufbringt?

Du würdest dich wahrscheinlich wundern, wie viele Anwälte und Ärzte (schwere) Alkoholiker sind. Und logischerweise können auch Anwälte und Ärzte zu einem solchen Schlag von "Mensch" gehören. Der Bildungsstand sagt über den Charakter ja wohl herzlich wenig aus.

100.000€ sind durchaus realistisch, er wird sein Leben lang Schmerzensgeld für den nun schwerstbehinderten Sohn zahlen müssen. 100.000€ reichen ja nicht einmal aus wenn man mal beachtet, welche Kosten da durch die Pflege und dergleichen entstehen. Er kann auch im Gefängnis arbeiten und danach wird man natürlich auch schauen, dass er in einen Beruf kommt.

Ob er die Summe jemals abzahlen kann oder auch nur in die Nähe einer Abzahlung kommt, spielt für das Urteil erst einmal keine Rolle. Es gibt eben für verschiedene Straftaten entsprechende Strafen, dazu gehört in diesem Fall auch die Verhängung eines Schmerzensgeldes.

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» TamiBami » Beiträge: 2166 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Natürlich ist das unrealistisch, aber es wäre auch ein Unding, wenn sich der Mann nun nach 7,5 Jahren Gefängnis ein schönes Leben machen könnte.

Außerdem solle er für den Rest der Zeit für die Finanzierung des Kindes aufkommen.

Ja logisch. Er ist ja auch der Vater.

Was hat es also mit so einer hohen Geldstrafe auf sich?

Na überleg doch mal: Nehmen wir mal an er verdient nach dem Gefängnis 1600 Euro Netto. Davon darf er 1050 Euro behalten, der Rest wird gepfändet, also 550 Euro. Macht im Jahr 6000 Euro. In 18 Jahren hätte er die Geldstrafe also bezahlt. Das ist doch nicht unrealistisch.

Und 100.000 Schmerzensgeld sind hier sicher angemessen.

» Sternenbande » Beiträge: 1860 » Talkpoints: 70,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Es gab keine Geldstrafe, die Strafe ist die Haft. Das Geld ist Schmerzensgeld für das Kind. Und das Schmerzensgeld ist tatsächlich eher niedrig ausgefallen. Das Geld ist keine Strafzahlung, es dient als Wiedergutmachung von immateriellen Schäden.

Schmerzensgeld ist nichts anderes als die Verpflichtung, die Kosten einer Reparatur zum Beispiel bei einem Autounfall zu übernehmen. Nur ist hier ein Mensch zu Schaden gekommen. Das kann man nicht einfach reparieren, also gibt es einen finanziellen Ausgleich. Das ist nicht fair, aber anders geht es eben nicht.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Es geht der Beitragseröffnerin doch gar nicht darum, ob das Urteil fair ist oder ob die Behandlung des Kindes wirklich so viel kostet. Die Frage ist, wer für die Behandlung aufkommt, wenn der Vater das gar nicht kann. Da es eben recht wahrscheinlich ist, dass er es nicht kann, weil er sein Leben offensichtlich nicht auf die Reihe bekommt.

Die Rechnung, dass er das Schmerzensgeld in 18 Jahren abbezahlt hätte, wenn er 1600 € netto verdient, ist ja schön und gut. Was ist aber, wenn er nur einen 450 € Job hinbekommt? Oder gar keinen, sondern komplett von der Stütze lebt? Das Kind braucht ja dennoch medizinische Behandlung oder Betreuung und es steht ihm halt trotzdem das Schmerzensgeld zu.

Die Behandlung und Betreuung findet dann wohl auf eher niedrigem Niveau nach Krankenkassenstandard statt. Alles, was die Krankenkasse nicht zahlt, aber das Kind dennoch unterstützen würde, muss die Mutter irgendwie versuchen zu finanzieren. Ohne Geld vom Vater zu bekommen, trotz des Urteils.

Der Vater wird aber jeden Penny abdrücken müssen, den er zu viel verdient. Ein Mindestmaß zum Lebenserhalt steht ihm ja erst mal selber zu. Aber alles darüber hinaus, wird an das Kind gehen. Bei einem verurteilten Alkoholiker sehe ich da aber auch eher geringe Chancen. Selbst wenn er Anwalt oder Arzt war, ist seine Karriere damit wohl beendet.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Doch, es ist ziemlich wichtig, um was es sich eigentlich handelt. Die Überschrift und der Beitrag spricht von Geldstrafe. Ob der Mann jemals eine Geldstrafe bezahlen könnte oder nicht, das wäre ziemlich egal. Denn dieses Geld würde nicht das Opfer bekommen.

Schmerzensgeld dagegen steht dem Opfer zu. Allerdings dient das Geld nicht primär zur Deckung der Pflegekosten, die nun entstehen. Das ist ein weiterer Betrag, den der Täter aufbringen müsste. Ob er das kann, interessiert die Justiz nicht.

Der Täter haftet mit seinem gesamten heutigen und zukünftigen Vermögen. Die Mutter oder der Vormund des Kindes kann alles pfänden lassen, was der Kindsvater jemals wieder über die Pfändungfreigrenze hinaus verdient. Allerdings wird dabei nicht viel herumkommen.

Der Mann ist 27 Jahre alt und hat nach der Haft massig Schulden. Dass er jemals wieder auf einen grünen Zweig kommt, das ist unwahrscheinlich. Wobei die Krankenkasse sich das Geld für niedrigen Krankenkassenstandard sowieso beim Verursacher, also dem Vater zurückholt, so weit sie es irgendwie pfänden kann. Wenn der Mann nicht zufällig Millionär ist, verbessert sich die Lage für Mutter und Kind in keinem Fall.

Zumal die Haft länger dauert als die Mutter ein Recht auf Unterhaltsvorschuss vom Jugendamt hat. Denn als Häftling kann er keinen Unterhalt zahlen. Aber nach 72 Monaten ist Schluss mit dem Vorschuss. Natürlich will das Jugendamt nach der Haftentlassung ebenfalls Geld.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


cooper75 hat geschrieben:Doch, es ist ziemlich wichtig, um was es sich eigentlich handelt. Die Überschrift und der Beitrag spricht von Geldstrafe.

Mein Beitrag bezog sich nicht auf deinen, auf den Unterschied zwischen Geldstrafe und Schmerzensgeld. Den Unterschied hast du gut dargelegt, danke. Mir ging es mehr um solche Beiträge, die ich einfach daneben finde:

"Außerdem solle er für den Rest der Zeit für die Finanzierung des Kindes aufkommen."- Antwort: "Ja logisch. Er ist ja auch der Vater."

Denn das hat die Beitragseröffnerin nie angezweifelt. Darum geht es in dem Thread nicht.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ob diesem Typen nun die Karriere für immer verdorben wurde oder nicht, ist doch absolut zweitrangig. Er hat die Seele eines Menschen zerstört und von daher überhaupt kein Recht mehr, ein vernünftiges Leben zu führen. Auch empfinde ich die Hunderttausend Euro als zu wenig. Man kann das Leid eines Menschen nicht mit Geld aufrechnen.

Natürlich ist die Geldstrafe unrealistisch. Auch wenn es zu wenig ist, er kann und wird es sowieso nicht bezahlen. Wo er nach dem Gefängnis 1600 Euro Netto verdienen soll, wie Sternenbande schrieb, ist mir unklar. Er wird ja auch schlicht und ergreifend keine Lust haben zu arbeiten. Es wird ihm das meiste sowieso gepfändet.

» Freidenker28 » Beiträge: 749 » Talkpoints: 1,02 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Wie hoch soll man denn ein verpfuschtes Leben bewerten? Da sind 100.000 Euro sicher zu wenig. Ich finde es ein Unding, dass man heute jemanden umbringen darf und spätestens nach 10 Jahren wieder in Freiheit ist und noch Jahre leben darf, während das Opfer nie wieder etwas tun kann. Hier stimmen die Relationen einfach nicht mehr.

Außerdem ist Alkoholismus nicht die eigentliche Krankheit sondern nur die Auswirkung davon. Zumeist geht es Traumata oder Depressionen, die damit bekämpft werden sollen. Daher gibt es sogar Ärzte und andere Akademiker, die mit Sicherheit solche Beiträge locker verschmerzen können.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Schmerzensgeld geht an die Opfer und Geldstrafen an den Vater Staat, weil der ja immer Geld braucht. Nicht wahr? Das Geld gehört meiner Meinung nach dem Kind des Alkivaters, welcher für das Leid verantwortlich ist und meiner Meinung nach auch finanziell dafür bluten muss.

Beruf hin oder her, dann ab von H4 abziehen. Oder einen 1-Euro Job machen und die verdienten Euros davon sofort abdrücken müssen. Genau so muss das laufen und auch in vielen anderen ähnlichen Bereichen auch. Wie viele H4-Empfänger sich Körperverletzungen und anderen Delikten widmen, weil sie keine Geldstrafen bezahlen sollen und können, kotzt mich an.

Auch dieses "Unterhaltsthema" ist hier eine weitere Angelegenheit. Auch da gehört ein 1-Euro Job aufgebrummt, damit 100 bis 150 Euro pro Monat für Unterhalt möglich sind und andere Jobs. So sehe ich das.

Somit sind 100.000,-Euro schön, wenn es denn Schmerzensgeld wäre. Solange es eine Geldstrafe ist, hat nur der Staat etwas davon, was ich nicht begrüße. Denn dieser hat hier keine Geldstrafe zu kriegen, sondern das Opfer, um deren Existenz so lebenswert wie nur möglich zu gestalten.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge


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