Als Gesunder Beziehung mit einem Behinderten?

vom 19.09.2009, 21:24 Uhr

Hallo!

Neulich war im Fernsehen mal eine Reportage. Da suchte ein Asperger Autist eine Partnerin. Er hat im Internet eine Frau kennengelernt und sich mit ihr getroffen und sie hat ihn dann gesehen und es war für sie schon klar, dass es nie eine Beziehung werden würde. Sie wußte nichts von dieser Art der Behinderung und der junge Mann hat ihr auch im Internet nichts darüber gesagt.

Ich kenne aber auch eine Frau, die einen blinden Menschen geheiratet hat und diese ehe funktioniert einfach toll. Sie hat ihn auch über das Internet kennengelernt und für sie war es auch von vornherein klar, dass sie ihn näher kennenlernen will. Ein Bekannter hatte einen Unfall und ist querschnittgelähmt. In der Reha hat er eine Frau kennengelernt, mit der er jetzt 3 Jahre zusammen ist. Sie akzeptiert, dass sie niemals den Sex haben kann, den ihr eine "normale" Beziehung bieten kann, weil er am Hüfte gelähmt ist.

Könntet ihr euch vorstellen, direkt von Anfang der Beziehung an mit einem behinderten Menschen zusammenzusein, der auch ein Leben lang doch irgendwie eure Betreuung braucht? Könntet ihr euch vorstellen, dass ihr auch gezielt nach einem behinderten Menschen sucht um mit ihm eine Beziehung einzugehen?

Dass man zu einem Menschen hält, der in der Beziehung einen Unfall hat oder durch andere Einflüsse eine Behinderung bekommt wäre mir klar und ich würde meinen Mann niemals verlassen, wenn das so wäre. Aber ich hätte mir es nciht vorstellen können, wenn er von Anfang an behindert gewesen wäre. Dann hätte ich wahrscheinlich gekniffen. Ich finde es wirklich sehr mutig und stark, wenn man als gesunder Mensch mit einem behinderten Menschen eine Beziehung eingeht. Wie seht ihr das?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ehrlich gesagt finde ich diese Frage ein bisschen merkwürdig.

Natürlich wird es Leute geben, die sich niemals vorstellen könnten, mit einem Menschen mit Behinderung zusammen zu sein beziehungsweise den Rest seines Lebens mit einem solchen zu verbringen. Andererseits frage ich mich: Was machen diese Menschen dann, wenn eine Behinderung plötzlich auftaucht? Wenn der Partner beispielsweise einen Autounfall hat und halbseitig gelähmt bleibt für immer, die Sprachfähigkeit stark eingeschränkt? "Och nö, ich will nur komplett gesunde Menschen, ich trenne mich"? Das finde ich ein bisschen zu einfach, ein bisschen zu sehr schwarz-und-weiß.

Außerdem verliebt man sich doch nicht in den Körper, oder? Der Charakter sollte das Wesentliche und das Wichtigste sein (klar, wenn es um eine geistige Behinderung geht, ist das wahrscheinlich etwas anderes).

Die Frage, gezielt nach einem behinderten beziehungsweise eingeschränkten Menschen zu suchen, um eine Beziehung zu beginnen, finde ich auch ziemlich seltsam. Aus welchem Grund sollte man das tun? Weil man irgendeinen Fetisch hat oder ein überdurchschnittlich ausgeprägtes Helfersyndrom? "Ich liebe dich eigentlich nur wegen deiner Behinderung, ohne würde ich dich nicht nehmen". Genauso unsinnig wie die oben beschriebene erste Möglichkeit ;) Tut mir leid, das ist irgendwie nicht meine Welt.

Liebe fällt, wo sie hinfallen will. Wenn ich mich in einen Menschen verliebe, dann nicht weil er schwarz ist, Vegetarier, SPD-wähler oder eben autistisch. Wenn ich mich in einen Menschen verliebe, dann tue ich das wegen seiner Art, die mich berührt, wegen seinem Charakter, wegen den Dingen, die ihn so liebenswert machen - und das sind sicherlich nicht seine Behinderung beziehungsweise Nicht-Behinderung.

Wenn mein Auserwählter behindert oder sonst irgendwie eingeschränkt ist, dann ist das eben so. Natürlich muss man sich sicherlich mit einigen Einschränkungen, Ungewöhnlichkeiten und vielleicht auch Unannehmlichkeiten auseinander setzen und überlegen, wie man das meistert oder ob man sich überhaupt in der Lage dazu fühlt. Aber eine Behinderung sollte keinesfalls ein Ausschlusskriterium von Anfang an sein.

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» koeniglich » Beiträge: 370 » Talkpoints: 0,50 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich würde auch nicht gezielt nach einem Menschen suchen, der eine Behinderung hat, um mit ihm eine Beziehung einzugehen, aber wer macht das auch schon? Vielleicht jemand der ein ausgeprägtes Helfersyndrom hat, da könnte ich mir so was schon vorstellen.

Aber wie sagt man so schön, wo die Liebe hin fällt, aber so richtig eine Beziehung mit einem Behinderten kann ich mir dann doch nicht vorstellen.

Klar, würde mein Partner durch Krankheit oder Unfall behindert werden, vielleicht sogar eine Pflegefall, dann käme es für mich nie in Frage in zu verlassen, aber ich denke das das auch ein anderer Fall ist.

» fenasofia » Beiträge: 530 » Talkpoints: 22,49 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Hi!

Direkt mir einen Mann zu suchen, der eine Behinderung hat, kann ich mir nicht vorstellen. Aber lernt man jemand kennen, der ein Behinderung hat und verliebt sich dann in ihn, warum dann nicht. Für mich kommt es dann, eher auf die inneren Werte an.Aber ich schätze, es liegt dann auch, an die Art der Behinderung.

Ist der Partner zum Beispiel blind oder taub, kann man heut zu Tage ganz normal damit Leben. Und eine ganz normal Beziehung führen. Hat er eine andere Behinderung, dann müsste ich für mich selber entscheiden, ob die Gefühle stark genug sind, eine Beziehung zu führen.

Anders sieht es aus, wenn meinen Mann jetzt etwas passieren würde. Da käme es nicht mal auf die Behinderung drauf an. Ich würde immer zu ihnen stehen. Den ich habe einmal geschworen:" Wie in guten, so auch in schlechten Zeiten." Und an diesen Schwur,werde ich mich immer halten, den ich liebe meinen Mann sehr.

» ys1980 » Beiträge: 356 » Talkpoints: 5,69 » Auszeichnung für 100 Beiträge



@Diamante
Irgendwie vergleichst du gerade Äpfel mit Birnen und dann noch mit total unterschiedlichen Vorraussetzungen. Denn man kann Autismus nicht mit Blindheit oder einer anderen Behinderung vergleichen. Ein Autist ist nämlich in den meisten Fällen nicht nur in eine Richtung eingeschränkt. Da laufen fast immer mehrere Dinge zusammen, die selbst für Ärzte noch nicht immer nachzuvollziehen sind.

Dazu wurde ja die Frau vorher nicht dahin gehend aufgeklärt und dementsprechend verständlich ist die Reaktion, wenn man dann Knall auf Fall damit konfrontiert wird. Hätte sie es vorher gewusst, dann wäre sie mit grosser Wahrscheinlichkeit ganz anderes an das erste Treffen rangegangen, sofern sie wirklich ernste Absichten gehabt hat.

Aber zu deinen Fragen. Nein ich kann mir nicht vorstellen gezielt nach einem behinderten Menschen zu suchen um mit diesem dann eine Beziehung zu haben. Allerdings würde ich keinen Mann einfach abschreiben, sobald ich von seiner Behinderung erfahre. Solange er damit offen umgeht und mir das nicht so lange verschweigt bis ich es dann beim ersten Date sehe, ist das kein Grund einen Kontakt abzubrechen.

Und ja, ich kann mir auch eine Beziehung mit einem behinderten Menschen vorstellen. Das ich dabei ein anderen Leben aufbauen würde, wie mit einem gesunden Menschen, das ist mir durchaus bewusst. Und das ich dabei auch teilweise enorme Abstriche machen müsste ist auch klar.

Aber wie schon vor mir gesagt wurde, geht es dabei um den Menschen. Und ein Mensch ist als solcher nicht weniger wert nur weil er eine Behinderung hat.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ein wichtiger und noch nicht erwähnter Aspekt ist auch ab wann eine Behinderung vorlag. Ist es schon von der Geburt an kann der Betroffene damit sehr gut umgehen, ist aber für gewisse Sachen total eingeschränkt. Wichtig ist daher, dass man darüber sich ausgiebig im Vorfeld informiert, um auf eventuelle Einschnitte reagieren zu können. Der Behinderte meistert sehr viele Tätigkeiten des Alltags genauso wie ein gesunder Mensch, denn er ist damit geboren.

Die Interessen des anderen Partners dürfen die Einschränkungen nicht direkt betreffen, dann steht der Beziehung im eigentlichen Sinne nichts im Wege. Auch der gesunde Partner kann vom behinderten Partner viel lernen. Natürlich muss das Krankheitsbild bekannt sein und darf auch nicht in einzelnen Punkten verschwiegen werden.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich finde in dem Fall auch das Wort "behindert" ein wenig merkwürdig. Natürlich würde ich keine Beziehung zu einem geistig behinderten eingehen denn dann hätte die Beziehung auch keine Basis. Autisten teilt man ja in 2 verschiedene Gruppen ein, den Asperger- und den Kanner-Typ, wobei der Kanner-Typ wesentlich gravierender ist und mit ziemlicher Intelligenzminderung einhergeht. Meistens zeigen diese Menschen so gut wie keine Reaktionen auf die Umwelt und leben in ihrer ganz eigenen Welt, mit so einem Menschen kann man keine Beziehung eingehen, das ist quatsch, da könnte man auch zu einem Menschen mit Down-Syndrom eine Beziehung eingehen, was auch kein gesunder Mensch machen würde.

Der Asperger-Typ hat oft eine normale bis hohe Intelligenz, hat aber auch große Schwierigkeiten, Beziehungen einzugehen, sie haben drastische Probleme mit der Kommunikation, sowohl mit der verbalen als auch mit der nonverbalen, zum Beispiel fällt es ihnen extrem schwer, Blickkontakt aufzubauen. Ganz ehrlich, mit so jemandem KANN man einfach keine normale partnerschaftliche Beziehung führen, es wäre mehr ein sich um ihn kümmern als eine gleichgestellte gegenseitige Liebe, von daher kann ich verstehen, dass diese Frau die Flucht ergriffen hat.

Anders finde ich es bei körperlichen Behinderungen, wenn jemand blind ist oder im Rollstuhl sitzt ist er ja trotzdem noch ein "normaler" Mensch, mit dem man uneingeschränkt kommunizieren kann und all das aufbauen kann, was eine normale Beziehung ausmacht. Klar gibt es einige Einschränkungen aber ich denke, wenn mansich wirklich verliebt hat, sind die locker zu schaffen und da kann ich es auch verstehen, wenn man auf sowas eingeht. Gezielt nach einem behinderten Partner zu suchen finde ich abartig, das macht doch höchstens jemand mit einem Mutter-Theresa-Komplex aber normal ist es absolut nicht. Wenn es passiert und man sich verliebt okay aber gezielt danach suchen geht gar nicht.

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» Grooovegirl » Beiträge: 3409 » Talkpoints: 11,54 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Einen ganz wichtigen Gesichtspunkt darf man auch nicht ohne weiteres außer Acht lassen, wenn eine behinderte Person einen Betreuer hat. Es kann auch durchaus passieren, dass dieser staatliche Betreuer aufgrund der Behinderungen später einmal gestellt werden muss. Ist dann aber schon eine Partnerschaft im Gange, kann es unter Umständen zu Problemen bei der Entscheidungsfindung kommen.

Es muss nicht eintreten, aber man muss darüber auch im Vorfeld sprechen und gegebenenfalls für Alternativen sorgen. Beide Partner der behinderte und auch der nicht behinderte Partner müssen gemeinsam sich über die Konsequenzen eines Zusammenlebens dabei im Klaren sein, denn auf beide brechen Veränderungen in der gesamten Lebensführung ein.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Hallo Diamante, wie kommst Du eigentlich auf die Frage, ob man sich gezielt auf die Suche nach einem behinderten Partner macht? Für mich gibt es da keinen Grund. Es wäre aber mal interessant zu wissen, ob ich da einfach nicht weit genug denke.

Aber zum eigentlichen Thema. Ich denke auch, dass man die im Eingangsbeitrag angeführten Beispiele nicht gut miteinander vergleichen kann. Eine Beziehung mit einem geistig Behinderten kann ich mir nur schwer vorstellen, auch wenn ich den Umgang mit solchen Menschen nicht fürchte. Eine Beziehung hat dann aber doch eine andere Qualität.

Mit einer körperlichen Behinderung hätte ich sicher weniger Probleme. Allerdings ist es mir auch schon passiert, dass ich jemanden persönlich getroffen habe, der mir schriftlich und fernmündlich sehr sympathisch war und von dessen Unfall ich auch wusste. Nur leider hatte diese Person mir die Folgen verschwiegen. Mein Entsetzen bei der ersten Begegnung hat leider vieles zerstört.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich finde, es besteht schon ein großer Unterschied zwischen einem blinden Menschen und jemandem mit Asperger-Syndrom. Das eine ist eine körperliche Behinderung und das andere eine geistige.

Bei einer geistigen Behinderung fällt die Entscheidung für eine Beziehung vermutlich sehr viel schwerer als bei einer körperlichen Behinderung. Es kommt dabei zwar auf die Art der Behinderung und darauf, wie ausgeprägt sie ist, (denn das variiert ja) an, aber generell besteht bei einem geistig behinderten Menschen doch eine große Wahrscheinlichkeit, dass er emotional und mental nicht in der Lage ist, eine "normale" Beziehung zu einem gesunden Menschen zu führen.

Wobei ich eigentlich auch finde, dass bei jemandem mit Asperger-Syndrom sich dieses Problem noch in Grenzen hält. Ich habe auch einen sehr lieben Bekannten mit dieser Behinderung und mit ihm kann man ein relativ normales Verhältnis führen. Da gibt es gesunde Menschen mit mehr Macken und Problemen. Trotzdem würde ich es auch da verstehen, wenn ein potentieller Partner damit nicht klarkäme.

Bei einer körperlichen Behinderung ist es wahrscheinlich sehr viel leichter, der Beziehung eine Chance zu geben, weil derjenige ja zumindest geistig mit einem auf einer Wellenlänge sein kann. Dennoch finde ich es auch da nicht unbedingt verwerflich, wenn man sich dagegen enscheidet, mit einem behinderten Menschen eine Beziehung einzugehen. Jeder hat andere Prioritäten und wenn es für jemanden zum Beispiel total wichtig ist, mit seinem Partner zusammen joggen zu gehen, finde ich es verständlich, dass er nicht mit einem gehbehinderten Menschen zusammensein möchte.

Sicher gibt es auch in so einem Fall Möglichkeiten, damit umzugehen und sich gegenseitig zu unterstützen, aber ich finde nicht, dass man das tun muss, wenn man die Wahl hat. Menschen gehen wegen aller möglichen Gründe keine Beziehungen ein, obwohl man, wenn man wollte, fast immer die möglichen Probleme auch gemeinsam überwinden könnte. Das ist vielleicht irgendwie schade, aber jeder Mensch hat auch das Recht, selbst zu entscheiden, wie sehr er sich in einer Beziehung anstrengen will. Warum sollte eine Behinderung da irgendeinen anderen Status haben als zum Beispiel die politischen oder religiösen Überzeugungen eines potentiellen Partners?

Insgesamt finde ich sowohl bei geistigen als auch bei körperlichen Behinderungen, dass man zwar nicht von vornherein ausschließen sollte, mit einem solchen Menschen eine Beziehung zu beginnen, dass es aber auch vollkommen in Ordnung ist, jemanden wegen seiner Behinderung als Partner abzulehnen.

» channale » Beiträge: 1371 » Talkpoints: 37,37 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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