Gründe für Arbeitslosigkeit

vom 22.12.2006, 14:41 Uhr

Hallo zusammen


Herr Beck hat die Diskussion um Arbeitslosigkeit ja kräftig angeheizt... natürlich ist seine Erklärung, man müsse sich nur waschen und rasieren, um einen Job zu bekommen, absoluter Blödsinn.

Zwar legen die Arbeitgeber auch Wert auf die äußere Erscheinung, weswegen ein gepflegtes Aussehen eigentlich selbstverständlich sein sollte, doch muss man noch nach weiteren Gründen suchen, um das Thema richtig zu erfassen.

Leider sind viele Menschen arbeitslos, weil sie über keine ausreichend gute Schul- und Berufsausbildung verfügen. Das betrifft zum beispiel junge Mütter, die wegen Schwangerschaft die Schule oder die Ausbildung abbrechen mussten.

manche sind auch arbeitslos, vor allem junge Akademiker, weil die Branche, für die sie studiert haben, in der letzten Zeit weggebrochen bzw. total überlaufen ist. Dies gilt zum Beispiel für Juristen - deswegen auch Abmahnwellen von jungen arbeitslosen Anwälten, die sich ihr Brot verdienen wollen und müssen, jedoch keine Stelle in eienr Kanzlei bekommen konnten.

Viele Menschen sind jedoch auch arbeitslos auf Grund der schlechten wirtschaftlichen Lage: viele, vor allem mittelständische Betriebe, mussten in den letzten Jahren Konkurs anmelden und ihr teilweise langjährigen Mitarbeiter entlassen. Wieder andere Menschen wurden auf Grund von Rationalisierungsmaßnahmen gekündigt. Je älter ein Arbeitnehmer bei der Kündigung ist, desto schwieriger wird es ihm wahrscheinlich auch fallen, einen neuen, angemessenen Arbeitsplatz zu bekommen - als ob ältere Menschen schlechter arbeiten würden, als junge Menschen.

Die einzige Möglichkeit dürfte sein: Fortbildungen noch und nöcher, weiterbilden wo es nur geht, damit man anderen, womöglich jüngeren Mitbewerbern in nichts nachsteht.

Ein kleiner Teil der Arbeitslosen hat sicherlich auch keine Lust zu arbeiten - das soll es auch geben. jedoch ist dies ein so geringer Prozentsatz, dass keinerlei Allgemeingültigkeit besteht.

Benutzeravatar

» Cala » Beiträge: 1639 » Talkpoints: -1,22 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ja, das sehe ich genauso wie du, da kann man allerdings nicht sonderlich viel machen.

Die Arbeitslosen, die aufgrund mangelnder schulischer Qualifikation arbeitslos sind, sind gerade deshalb dann auch oft nicht dazu imstande, zu realisieren, dass sie sich außerschulisch weiterbilden oder gar eine Abendschule besuchen müssen, damit sie aus der Arbeitslosigkeit kommen. Das Einzige, was man von solchen Leuten hört, sind Beschwerden über das "böse Deutschland", in dem man keinen Fuß fassen kann. Was totaler Käse ist.

Das mit dem Studium ist natürlich auch immer so eine Sache. Ich selbst studiere jetzt ein Fach, welches nicht unbedingt DIE Aussichtschancen besitzt, aber noch im guten Mittelfeld liegt. Man sollte es andersherum aber einmal so sehen: Leute, die ihren Studiengang nach der momentanen wirtschaftlichen Lage aussuchen, haben wirklich nichts verstanden in den Jahren Schule, die sie ja hinter sich haben müssen:
Was bitteschön bringt mir ein Studium eines Faches, welches für mich kaum persönlichen Anreiz darstellt, jedoch momentan, und darauf liegt die Betonung, die wirtschaftliche Lage gut aussieht?
Ganz ehrlich: Einen feuchten Kericht!

Das Einzige, was sie damit erreichen, ist, dass sie mit anderen auf den "Dampfer der kommenden Arbeitslosigkeit" aufspringen. Weshalb das so ist? Naja, mit großer Wahrscheinlichkeit bestehen diese Tendenzen schon länger, wodurch ein momentaner Boom in 4-5 Jahren (was ja die normale Studiendauer ist) schon im genauen Gegensatz stehen kann.
So ist das ja zum Beispiel mit den ganzen Ingenieuren: Extreme Nachfrage bei großer Arbeitslosigkeit vor allem älterer Ingenieure. Weshalb? Weil die heutigen Technologien die Älteren "überholt" haben oder das zumindest den Unternehmen suggeriert wird (was oft eben nicht so ist). Aber wer bitte glaubt denn dann bitte daran, dass das "Rad der Technologie" sich jetzt plötzlich nicht mehr dreht, und das heute gelehrte im Studium dann nicht auch zum alten Eisen gehört?
Im Gegenteil, die Technologisierung wird immer schneller, wodurch auch die heutigen Ingenieure von morgen noch früher da nicht hinterherkommen und noch schneller von wiederum neuen Ingenieuren "ausgetauscht" werden.
Wozu also bitte dort mit aufspringen? Gäbe es nicht diese riesige Nachfrage und diesen von den Unternehmen hervorgerufenen Teufelskreis, dann würden die älteren Ingenieure auch nicht mehr arbeitslos sein, sondern dann würden die Unternehmen dazu gezwungen werden, diese Leute weiterzubilden, damit sie anschließend wieder voll "funktionstüchtig" für das Unternehmen sind. Mit einem Studium des Ingenieurswesen, egal, welches, mach ich das Ganze nur schlimmer, worunter ich letzten endes leide.

Und das mit dem Alter ist ja sowieso die letzte Sauerei. In D wurde das scheinbar den leuten wirklich so eingebläut, dass sie da gar nicht mehr herauskommen, auch wenn angeblich die "Jahre der Jungen" vorbei sind. Ist einfach Quatsch. Die Unternehmen suchen nur noch Leute, die 20 Jahre alt sind, 25 Jahre Betriebserfahrung haben und am liebsten umsonst arbeiten würden. :wink: Was soll das noch bitte?

Ich persönlich weiß, dass dieser Boom in anderen Ländern Europas noch nicht so schlimm ausgeprägt ist. Da ist es natürlich kein Wunder, dass viele vor allem Ältere ins Ausland ziehen, weil dort zum Beispiel ein erfahrener Handwerker egal welcher Art noch einen bestimmten Stellenwert in der Gesellschaft und im Beruf besitzt und nicht wie in D eigentlich "überschüssige Masse von früher" ist. Finde ich wirklich schade, aber da kann man nichts dagegen machen.

Was ist eure Meinung dazu?

» DerDaene » Beiträge: 609 » Talkpoints: 3,81 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Cala hat geschrieben:Die einzige Möglichkeit dürfte sein: Fortbildungen noch und nöcher, weiterbilden wo es nur geht, damit man anderen, womöglich jüngeren Mitbewerbern in nichts nachsteht.

Das sollte man aber auch differenziert sehen: ich habe einige Bekannte, die bei Bewerbungen zu hören bekamen, sie seien überqualifiziert oder man müsste sie (also die Bewerber) ja dann nach ihrer (neu erworbenen) Qualifikation bezahlen und das könne sich die Firma nicht leisten.

Ich denke, man sollte sich hier nicht wahllos fortbilden, sondern schon im erlernten Fachgebiet bleiben. Grundkenntnisse in EDV schließe ich hier mal aus, denn die werden ja mittlerweile in den meisten Jobs gefordert.

Sinnvoller finde ich, eine Zusatzqualifikation zu erwerben. Das hilft ja auch, sich in seinem Beruf zu einem Experten zu entwickeln. Und diese haben dann eher eine Chance.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich würde da auch mal Unterschiede machen. Erstmal kommt es darauf an welchen Beruf man erlernt hat.Ein Zahntechniker zb. wird sich ja kaum hinter eine Kasse stellen und kassieren wollen, nur um einen Job zu haben.Da kann man eben nicht viel machen ,außer eventuell in eine neue Stadt umzuziehen usw. wo ein Platz frei wäre .Fortbildungen bringen meistens nur "Überqualifikationen" wenn sie nicht verlangt werden. Die dann auch nur abgewiesen werden.

Aber eine Verkäuferin zb. kann so ziemlich überall anfangen und könnte eben einfach vom Käseverkäufer zum Textilverkäufer werden, die haben mehr Auswahl. Außerdem kenn ich immernoch die Unterschiede zwischen den "alten und neuen" Bundesländern. Ich selbst war gerade mal 3 Monate in meinem bisherigen Leben arbeitslos. Weil mein Arbeitgeber (hab Einzelhandelskauffrau gelernt) nach der Lehre meinte (im Osten) ich wäre jetzt zu teuer.
Hab zwar kurz danach gleich neue Arbeit gehabt, aber das Geld reichte vorn und hinten nicht und die Überstunden häuften sich-ohne Bezahlung.Das ich gleich 3 Jobs gleichzeitig machen mußte um klar zu kommen. Also bin ich, nach erfolgreicher Bewerbung (in den Westen) gewechselt, wo ich mit einer Arbeitsstelle das Geld von vorher 3 gehabt hab.

Nun bin ich allerdings durch 2 Kiddys im Erziehungsurlaub, könnte aber jederzeit wieder beim Arbeitgeber anfangen. Aber selbst wenn ich nicht wollte gibt es ziemlich viele Teilzeitjobs, die für mich in Frage kämen würden. Aber wie soll ich das machen mit Baby und Kleinkind?Bin mal gespannt wie sich das ergibt. :?:

» Stumpy » Beiträge: 837 » Talkpoints: 6,38 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich sehe das auch so wie Cala.
Gerade der hohe Prozentsatz von Jugendlicher die aufgrund eines schlechten oder keinen Schulabschluß keine Chance am Arbeitsmarkt haben, finde ich ist zur Zeit ein riesen Problem in der Gesellschaft.
Auch liegt die Arbeitslosigkeit häufig in den Familien. Ganze Familiengenerationen leben schon vom Arbeitslosnegeld/Sozialhilfe , man kann das als eine Art Vererbung ansehen.

» MrSilverBlue » Beiträge: 190 » Talkpoints: 0,10 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Wenn es einfach zu viele Leute gibt, die einen bestimmten Beruf ausführen, dann ist es ja wohl egal, ob man nun gepflegt ist oder nicht etc.
Manchmal können Leute einfach nichts dafür. So sehr sie sich bemühen bekommen sie einfach keinen richtigen Job!

Benutzeravatar

» AdultMusic » Beiträge: 127 » Talkpoints: 3,01 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Das viel größere Problem finde ich nicht die Jugendlichen, die durch fehlenden Schulabschluss unterqualitfiziert sind (bei denen versteht jemand noch weshalb sie keinen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz bekommen), sondern vielmehr die qualifizierten Arbeitnehmer mit abgeschlossenem Studium, die dennoch keinen angemessenen Arbeitsplatz finden in ihrem Tätigkeitsbereich, sondern sich von Praktikum zu Praktikum hangeln, teilweise komplett ohne Bezahlung. DAS ist doch ein Zeichen von einem Problem und nicht, wenn unqualifizierte Leute auf der Straße stehen. Das ist nachvollziehbar.

» Sippschaft » Beiträge: 7575 » Talkpoints: 1,14 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Die meisten Gründe sind einfach, das man nicht mehr vom Betrieb gehalten werden kann, sei es durch Zahlungsschwierigkeiten oder mangelnde Auftragslage. Nur selten hat es was mit dem Arbeitnehmer an sich zu tun. Gut hier und da tummeln sich ein paar schwarze Schafe, aber das ist mit Sicherheit nicht der Großteil.

Liebe Grüße Missmouse

» missmouse » Beiträge: 435 » Talkpoints: -3,87 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Also der Großteil der Arbeitslosen in Deutschland resultiert nicht daraus, dass die Leute mangelhaft gebildet sind oder keine Lust haben zu arbeiten (obwohl ich von der Sorte auch so einige kenne, aber über unverbesserliche Schnorrer lohnt sich meiner Meinung nach das diskutieren nicht), sondern einfach aus der Tatsache heraus, dass es zu wenig Jobs für zuviele Menschen gibt.
Das hat viel mit der allgemeinen Wirtschaftslage, der Technisierung der Produktion und politischen Rahmenbedingungen zu tun. Wobei man hier in Sachen Politik nicht zuviel erwarten sollte. Sicher wäre es von heute auf morgen möglich die Bedingungen für eine Vollbeschäftigung nahezu aller Arbeitslosen zu sorgen, allerings wäre der Preis dafür gigantisch. Denn dann müsste man exakt der Wirtschaft nach der Pfeife tanzen und das hieße massiver Sozialabbau.
Auch sollte man sehen, dass es für die Politik nicht ganz einfach ist etwas zu verändern.
Besonders die engen Staatsfinanzen und die massive Lobbyarbeit erschweren wirklich tiefgreifende Reformen z.B. im Gesundheitssystem doch deutlich.
Des weiteren ist vieles in Sachen Arbeitslosigkeit und Wirtschaftsaufschwung auch einfach nur Augenwischerei, da die kapitalistische Wirtschaft einfach gewissen wiederkehrenden Zyklen unterliegt. Schaut man sich mal eine Grafik an auf der die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in Deutschland über die letzten 50 Jahre dargestellt wird, fällt auf, dass es dabei ein mehr oder weniger regelmäßiges auf und ab gibt.
Negativ hierbei: Gerade durch den Wegfall bestimmter Berufsgruppen oder den Ersatz von menschlicher Arbeit durch Maschinen, steigt dauerhaft gesehen die Arbeitslosigkeit immer weiter.

Ernsthafte Lösungen für diese Probleme sind nicht in Sicht. Zumindest keine die sich mit der momentanen Marschrichtung von Politik und Wirtschaft vereinbaren lassen.
Interessante Ansätze hierzu vertritt der Chef der Drogeriekette DM Götz Werner. Hier mal eines seiner zahlreichen Interviews zu dem Thema:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,386396,00.html

Mfg
Phantomlord

Benutzeravatar

» Phantomlord » Beiträge: 953 » Talkpoints: 6,41 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Gerade das Ständige Wettrüsten mit neuen Maschinen kostet im Endeffekt immer mehr Arbeitsplätze. Warum einen Mensch das machen lassen wenn eine Maschine 24 Stunden arbeitet. Gott sei dank besinnen sich einige Konzerne wieder und stellen auch vermehrt wieder Menschen ein. Habe letztens gerade ne Reportage gesehen über eine blinde Frau die mit ihren Händen Frauen auf Brustkrebs abtastet. Sie hat einen so genauen Tastsinn, das nichtmal Maschinen mit ihr konkurrieren können. Wäre doch schön wenn man mal wieder vermehrt auf Arbeiter und nicht immer auf Maschinen setzen würde.

liebe grüße von der MissMouse

» missmouse » Beiträge: 435 » Talkpoints: -3,87 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^