Ist es verwerflich an einer psychischen Krankheit zu leiden?
Es ist allgemein bekannt, dass viele Menschen in Deutschland an Depressionen oder sonstigen psychischen Krankheiten leiden. Viele nehmen dabei auch eine Psychotherapie in Anspruch. In kleinen Dörfern lassen sich die Menschen jedoch seltener Behandeln als in normalen Städten, denn wenn sich dort erst einmal herum spricht, dass man z.B. an depressiven Verstimmungen leidet, wird man prompt als Psychopath und behinderter abgestempelt und geächtet.
In Großstädten wie in Berlin, lassen sich hingegen viel mehr Menschen behandeln denn dort ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich so was herum spricht einfach viel geringer. Ich selbst leide an Depressionen und möchte im Folgenden ein Paar Erfahrungen posten. Vor ungefähr einem Jahr hatte ich wie sooft einen Termin bei meinem Psychotherapeuten. Davor wollte ich aber noch kurz ins Internetcafé rein schauen um mit meinen (Chat)-Kumpels ein Bisschen zu chatten. So kam ich erst einmal mit einem Mädchen aus meiner Klasse ins Gespräch. Als ich dann gehen musste, fragte meine Mitschülerin mich nach dem Grund. Und da kam ich ins Dilemma: Sollte ich sagen dass ich einen Termin beim Psychotherapeuten habe? Sollte ich zu mir selbst stehen und sagen dass ich an (leichten) Depressionen leide? Oder sollte ich mich für meine "Krankheit" schämen und einfach eine Notlüge erfinden?
Im Endeffekt tat ich Ersteres. Schon alleine aus Protest. Ich räumte ein, einen Termin bei meinem Psychotherapeuten zu haben. Das Mädchen ließ sich im Chat natürlich nichts anmerken, was aber aufgrund der beschränkten Möglichkeiten seine Emotionen zu äußern im Chat auch nicht möglich gewesen wäre. Nun gut. Das Mädchen hatte mir versprochen es keinem aus der Klasse zu erzählen. Sie schien ihr Versprechen jedoch nicht gehalten zu haben denn nach dieser Begebenheit hatte ich das Gefühl, von vielen komisch angeschaut zu werden. Auch das besagte Mädchen stellte keine Ausnahme dar.
Meine Entscheidung habe ich dennoch nicht bereut. Schließlich ist es besser gehasst zu werden, für das was man ist, als geliebt zu werden, für das was man nicht ist. Zudem halte ich, psychisch erkrankte Personen gleich als völlig abnorm und krank einzustufen mehr als konservativ. So hat man vielleicht im Mittelalter gedacht. Da bezeichnete man Schizophrenie erkrankte als "irre" oder "von Dämonen besessen" - viel weniger erkrankte auch. Doch wir haben das Jahr 2008! Da hätte sich was tun müssen.
Was mir auch einmal widerfuhr: Meine Mutter saß in der Küche mit ihrem Bekannten, Freund oder wem auch immer und redete mit ihm über Gott und die Welt. Als alle Themen ausgeschöpft waren, fing sie an, über mich alles erdenkliche preis zugeben. Dabei kam auch meine "leichte" psychische Krankheit zur Sprache. Im Vorfeld hatte dieser Bekannte uns bei der Renovierung geholfen wobei ich - nachdem bei mir etwas einfach nicht klappte - die Sache hin schmiss. Als dieser Bekannte jedoch von meinen Depressionen erfuhr (mit 40 Jahren wusste er natürlich nicht was das nur sein kann), sah er das als Grund dafür, dass ich nicht mehr mithelfen wollte.
Er schrie mich an: "Du bist doch völlig krank im Kopf! Völlig dumm und behindert bist du!".
In dem Moment hätte ich ihm am liebsten das Genick gebrochen! Wie kann man mit 40 Jahren dermaßen naiv und ungebildet sein? Gut. Es ist neunmal ein ehemaliger Hauptschüler. Doch dann sollte man erst recht die Fr***e halten, wenn man keine Ahnung hat.
Musstet ihr schon ähnliche Erfahrungen machen? Oder denkt ihr gar selbst, genauso wie die obig genannten Personen?
Ich sehe nichts verwerfliches, wenn man mal aus der Spur geworfen wird. Jeder hat doch schon mal Depressionen gehabe und fand alles Mist. Bei den meisten geht das wieder vorrüber und ein paar wenige eben, kommen da nicht ohne Hilfe heraus. Ich würde es sicher auch nicht jedem sagen, den ich irgendwie kenne, aber ich würde es vor den engen Freunden auch nicht verheimlichen. Warum soll man nicht zu seiner "Krankheit" stehen und nicht nur mit dem Psychologen, sondern auch mit seinen Freunden darüber reden? Vielleicht sollte man, bevor man einen Psychologen aufsucht, gerade erstmal mit jemandem des Vertrauens aus der Familie oder den Freunden über seine Probleme reden? Oft wird das schon reichen und wenn nicht, dann geht man eben zum Psychologen und der wird einem schon helfen.
Die Sache mit deinem Bekannten ist schon wirklich schlimm, in dem Alter sollte man schon etwas mehr Fingerspitzengefühl haben - den würde ich einfach als blöd abtun und fertig. Ich hoffe, du wirst mit all deinen Problemen in der nächsten Zeit fertig und verlierst wieder deine Depressionen. Ich wünsche dir auf jeden Fall alles Gute, lass dich nicht unterkriegen.
Ich selber leide zwar nicht unter einer psyschichen Krankheit, jedoch habe ich zwei sehr gute Freundinnen, die mittlerweile beide regelmäßige Aufenthalte in psychischen Klinik haben. Bei der ersten ist uns vor über einem Jahr schon erzählt worden, dass sie krank ist. Sie hatte eine wirklich schlimme Kindheit mit häufigem Missbrauch. Das ist natürlich klar, dass man das nicht einfach so wegsteckt sondern das sehr lange mit sich herum trägt.
Damals auf der Schule, als sie irgendwann plötzlich nicht mehr gekommen ist, da sie in eine Klinik eingewiesen wurde (die Schulleitung wurde natürlich informiert) hat sich auch alsbald herumgesprochen "Die ist verrückt geworden!", was so ja auch völliger Schwachsinn ist, denn sie war zwar ab dann in Behandlung, aber doch nicht verrückt, geistig umnachtet oder gar schwachsinnig. Die zweite Person, die beste Freundin der ersten, hat vor einem Monat versucht sich mit Tabletten das Leben zu nehmen. Seitdem ist sie freiwillig in der Klinik um sich helfen zu lassen.
Als ich das nun kürzlich meiner Mutter erzählt habe (von der ersten wußte sie ja schon länger) rutschte ihr einfach so raus "Was für Freunde hast du eigentlich?!" in einem völlig abfälligen Ton. Als wären sie schlechte Menschen, weil sie psychisch leiden. Seitdem bin ich wirklich enttäuscht von meiner Mutter und rede mit ihr gar nicht mehr über die beiden. Meine Mutter ist noch auch nicht so alt, 46, und auch alles andere als ungebildet. Aber ihr Weltbild scheint trotzdem psychische Krankheiten immernoch als irgendwie schlecht zu beinhalten. Als wenn diese Menschen es sich aussuchen könnten! Man kann doch jemanden nicht wegen einer Krankheit schlecht darstellen. Niemand wird absichtlich krank! Ich finde das total erschreckend und traurig.
Einen Depressiven als behindert und dumm zu bezeichnen, finde ich genauso naiv und niveaulos, wie Hauptschüler generell als dumm oder ungebildet einzustufen.
Depressionen sehe ich als kleineres Übel. Davor muss sich niemand schämen, jemanden davon zu erzählen. Allerdings würde ich das vielleicht auch anders sehen wenn ich solche Erfahrungen wie du gemacht hätte. Wenn mir ein Freund über so ein psychisches Problem erzählt hätte, würde ich erst einmal ein vernünftiges und sachliches Gespräch anfangen(wenn derjenige kein Problem damit hat darüber zu sprechen).
Es kann natürlich sein das du dir das einbildest, das dich alle Leute komisch anschauen, weil du vielleicht erwartest das deine Bekannte etwas weitererzählt hat.
Ehrlich gesagt finde ich, dass du ziemlich übertreibst und dir das meiste nur einbildest um alles an der psychischen Krankheit festzumachen. Es interessiert wirklich absolut niemanden ob du eine psychische Krankheit hast, bzw. man denkt sich zwar "Muss man vielleicht vorsichtiger mit ihm umgehen, sonst tut der sich vielleicht noch was" aber das was du an Reaktionen aufgenommen hast kommt nur daher, dass du mit dem Vorwand "die wissen alle davon" vorangegangen bist und dir das einbildest.
Nicht jeder 40 jährige weiß was die Anzeichen für eine Depression sind, ich denke mal dass da noch mehr vorgefallen sein muss, denn niemand erklärt einen psychisch gekränkten Menschen für behindert! Und das schon allein aus dem Grund, dass so etwas keine Behinderung ist. Auch wurde das früher nicht als behindert deklariert oder als "von Dämonen besessen" da muss man schon eine andere psychische Krankheit, wie Schizophrenie, haben. Das hat alles mit Depressionen nichts zu tun.
Ich denke du nimmst alles zu wichtig und beobachtest deine Umwelt mehr mit dem Hintergrund, dass sie dich verachten oder "dumm angucken". Allerdings steigerst du dich da viel zu sehr hinein. Wie mein Vorgänger schon gesagt hat, ist jeder mal depressiv, aber ich denke bei dir wird es eine manische oder anhaltende Depression sein, sonst würdest du nicht zum Psychiater gehen, aber auch deswegen wird dich keiner für verrückt erklären.
Mach dir einfach nicht zu viele Gedanken wegen deiner psychischen Störung und denk lieber über andere Gründe nach, warum ich Menschen in deiner Umgebung so verhalten, oder frage sie mal selber. Ich selbst kenne genug Leute, die auch meist depressiv sind, oder das Borderline Syndrom haben und auch schon öfters in der Psychiatrie oder beim Psychiater waren und auch die suchen in allem, wie sich andere Menschen verhalten Gründe darin, weil es eben nicht jeden betrifft und sie selbst nicht damit fertig werden, so nach dem Motto „wenn ich schon nicht mit meiner Krankheit klar komme, wie sollen es dann Andere in meiner Umgebung schaffen?“.
Versteh mich jetzt bitte nicht falsch, ich will dich jetzt nicht verurteilen, sondern nur mal aufzeigen, dass das meist nichts mit deiner Depression zu tun hat.
Die Aussage des Bekannten deiner Mutter ist niveaulos. Ich denke auch nicht, dass das am Bildungsstand der betreffenden Person liegt, sondern einfach eine Charakterfrage ist. Und manche haben leider absolut keine Manieren. Was mich viel mehr wundert, ist, dass deine Mutter sich mit jemandem, der ihren Sohn so bezeichnet, überhaupt abgibt.
Depressionen sind meiner Meinung nach nichts Peinliches. Man sollte sich heutzutage nicht dafür schämen müssen! Anstatt dass die Menschen voreilige Schlüsse über einen ziehen, sollten sie lieber nachfragen.
Hallo!
Also ich verstehe den Threaderöffner gut. Klar, es kann sein, dass er sich vieles einbildet, aber aus meiner eigenen Erfahrung kann ich euch sagen, dass man durchaus schlechter dasteht, wenn bekannt wird, dass man krank ist.
Mir wollte man sogar absprechen, dass ich meine Kinder erziehen kann, nur weil ich psychisch erkrankt bin. Als Verrückte werde ich auch öfter mal hingestellt. Deswegen bin ich auch recht vorsichtig geworden, wem ich davon erzähle, und wem nicht.
Übrigens zähle ich offiziell wirklich zu den behinderten. ich habe 70% Schwerbehinderung wegen meiner Krankheit.
Liebe Grüße
Servus!
Heutzutage dürften die "psychischen" Krankheiten aber deutlich besser akzeptiert werden, als vor einigen Jahren, geschweige den Jahrhunderten. Wenn wir 600 Jahre zurückwandern und um uns blicken, werden wir sehen, dass schon Leute ohne Krankheiten aufgrund des Erscheinungsbildes als "krankhaft" eingestuft worden sind und aus diesem Grund auch ermordet wurden, um die Welt vor ihren krankhaften Handlungen zu retten, damit sich dies nicht verbreitet. Depressionen gibt es ja nicht nur seit 5 Jahren oder seit 10 Jahren, Wissenschaftler sind der Meinung, dass die Grundkrankheiten mit den ersten Lebenszeichen auf der Erde geboren worden sind. Am Anfang erwähnst du, dass man am Land mit derartigen psychischen Krankheiten gleich abgestempelt wird. Damit hast du nicht unrecht, hängt aber nicht damit zusammen, dass sie vom Stadtzentrum weiter weg wohnen, sondern weil Wissen in diesen Fachbereichen einfach fehlen. Auch hier ist die Lage nicht anders, man wird schief angeguckt, sofern man zwar krank ist, doch es aber keine "körperliche" Krankheit ist. Teilweise wissen sie nicht, wie man damit umgeht, was es genau ist, woher es "kommt", wie man es behandeln muss und vieles mehr. Umgangssprachlich heißts dann "Dem fehlts bissi im Kopf" oder ähnlich.
In dem Moment hätte ich ihm am liebsten das Genick gebrochen!
Handgreiflichkeiten werden dir in diesem Moment auch nicht weiterhelfen, mal abgesehen davon, dass du zwar deine Frust abgebaut hättest, doch ist das keine finale Lösung.
Wie kann man mit 40 Jahren dermaßen naiv und ungebildet sein?
Ehrlich gesagt hat Dummheit keine Grenzen, das musste ich schon oft genug in meinem bisherigen Leben feststellen, nicht nur im realen Leben, sondern auch im Internet, wenn ich mit anderen Leuten kommuniziere, so etwa im Talkteria Forum, aber man darf sich ja nicht laut aufregen. Jeder hat für sich im Leben Prioritäten gesetzt, wenn jeder gebildet wäre und gleiche Qualifikationen hätte, wäre das Leben sicher nicht so lustig und amüsant. Du kannst es versuchen, dass du sie kurz aufklärst, was das überhauptet bedeutet, vielleicht kommen danach andere Reaktionen, man weiß es nicht. Sofern du Wert darauf legst, würde sich das auf jeden Fall auszahlen.
...denn niemand erklärt einen psychisch gekränkten Menschen für behindert!
Dann mach mal deine Augen auf und geh mit offenen Augen durch dein Leben. Ich könnte dir auf der Straße innerhalb von 30 Minuten mindestens 5 Leute finden, die das machen würden, darauf verwette ich sogar Talkpoints
Hochachtungsvoll - Näugelchen
Cheerio!
Okay, ich steige in die Wette ein, sagen wir 163 TP?
Nein Spaß beiseite, ich mache auch oft die Erfahrung, dass Psychotherapie von den meisten Menschen sehr schlecht angenommen wird. Auch immer mit dem Satz "Ich bin doch nicht verrückt, ich brauche doch keine Psychotherapie."
Dabei muss man ja auch unterscheiden, ob jemand zum Psychosomatiker muss, zum Psychologen oder zum Psychiater denn nur die wirklich schlimmen Erkrankungen wie Schizophrenie, Major Depression oder manisch depressive Episoden werden vom Psychiater in der "Klapse" behandelt, da bei diesen Erkrankungen oft ein nicht unerhebliches Fremd- und Eigenrisiko besteht und auch sehr starke Medikamente zum Einsatz kommen müssen.
Aber wer aufgrund von leichten Depressionen oder irgendwelcher funktionell somatoformen Beschwerden zum Psychiater oder Psychosomatiker geht und sich einer Psychoanalyse oder Gesprächstherapie unterzieht handelt doch eigentlich sehr vernünftig. Wer gegen seine Probleme angeht, sie auf den Tisch packt und sie so versucht zu lösen, um sich danach besser zu fühlen handelt meiner Meinung nach verantwortungsvoller und besser als alle die Menschen, denen es auch aufgrund verschiedener Umstände schlecht geht, die aber durch falschen Stolz auf eine adäquate Therapie verzichten.
Ich weiß auch nicht, warum so viele Menschen, die auf dem Gebiet Medizin/Psychologie ungebildet sind diese Art von Therapie so sehr ablehnen, denn im Prinzip ist doch ein Psychologie ein Arzt für die Seele und nur wenn man auch vom Kopf her glücklich ist, kann man ein zufriedenes Leben führen. Oftmals haben Menschen ständig Magenschmerzen oder das Gefühl einen Kloß im Hals zu haben und sie können gar nichts dafür, weil irgendwelche Erinnerungen in ihrem Hirn so verknüpft sind mit dem vegetativen Nervensystem, dass es immer wieder dazu kommt. Und ein Psychosomatiker kann dann diese versteckten Erinnerungen zutage befördern und sie zusammen mit dem Patienten verarbeiten und ihm so sehr helfen.
Nun ja, die Freundin deiner Mutter hat wirklich ziemlich dumm und naiv reagiert aber du hättest einfach zeigen müssen, dass du reifer und intelligenter bist und sie aufklären können über das, was du machst und warum du es machst. Dann wäre es ihr hinterher sicher peinlich gewesen, so einen dummen unqualifizierten Satz abzulassen.
In der Schule würde ich sowas aber auch nicht erzählen, denn Schüler haben meist noch nicht den Weitblick, die Reife und das Verständnis, um dich da adäquat zu unterstützen. Es wird eher ins Lächerliche gezogen und getuschelt werden, vielleicht auch aus Unsicherheit und Unerfahrenheit.
Ich finde es garnicht verwerflich an einer Krankheit zu leiden, egal ob nun psychisch oder physisch. Nur wenn ich so etwas von einem Mitmenschen weiß kann ich ihn doch richtig einschätze, gerade bei Depressionen. Mir ist es wirklich lieber wenn ich so etwas weiß. Meine Cousine ist auch lange in Therapie gewesen und war nach einem Zusammenbruch auch in einer Tagesklinik, bis auf das sie regelmässig halt einmal die Woche einen Termin hatte, war da nichts aussergewöhnliches an ihr.
Mittlerweile sind ja doch viele Menschen in Behandlung und ich denke auch das die Zahl solcher Leute sinken wird die auf einen herabschauen. Einige sollten vielleicht mal eine Therapie ausprobieren, statt sich kaputt zu machen und doch nicht mit dem eigenen Leben klar zu kommen.
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