Genau so sein, wie der Menschenschlag, den man nicht mag?

Die Frage Menschenschlag mit denen ihr nie zurecht kommen würdet? haben wir neulich mal in einer ziemlich großen Runde beim Kindertreffen den Müttern und Vätern gestellt. Komisch fand ich, dass genau die, die beispielsweise sehr rechthaberisch sind, keine rechthaberischen Leute mögen. Oder gerade die, die sich für was Besseres halten eigentlich genau so sind und so tun, als ob sie was Besseres sind. Auch Menschen, die "hintenrum" sind, mögen diesen Menschenschlag eigentlich überhaupt nicht.

In einer kleineren Runde unter Freunden, die sich dann von der großen Runde getrennt hat, weil die Zeit um war, haben wir genau darüber dann diskutiert, wie das eigentlich kommt, dass viele einen Menschenschlag überhaupt nicht leiden können, den sie aber selber verkörpern. Menschen, die überheblich rüber kommen mögen keine überheblichen Menschen. Menschen, die einen für Dumm verkaufen mögen aber eigentlich solche Leute nicht. Wie kommt so was zustande? Merken die Leute nicht, dass sie eigentlich genau das verkörpern, was sie selber nicht mögen?

Ich kann mir vorstellen, dass den meisten Leuten ihr eigenes Verhalten gar nicht wirklich auffällt und auf der anderen Seite kann es sein, dass man etwas überspielen möchte. Wer stellt sich denn hin und sagt, dass man eine arrogante Lästerschwester ist und deswegen keine anderen Tratschtanten mag? Außerdem habe ich schon einmal mitbekommen, dass zum Beispiel ein Mädchen, welches noch nie einen Partner hatte und noch Jungfrau war, von einer anderen als "leichtes Mädchen" beschimpft worden ist, das ist ja auch so ein Widerspruch.

Eigentlich habe ich nichts gegen launische Menschen, auch wenn das Verhalten manchmal anstrengend sein kann. Ich weiß das, weil ich selbst auch launisch und zickig bin, was ich auch nicht immer gut finde. Trotzdem muss ich sagen, dass ich eher mit ruhigen und geduldigen Menschen zurecht komme und auch Menschen mag, die ein wenig bedacht wirken. Vielleicht ist das ja auch eine unbewusste Antipathie? Trotzdem komme ich mit diesen Personen aus und tatsächlich war meine ehemalige beste Freundin auch eher eine launische Person, finde ich.

Ich würde mal sagen, dass es bei vielen dieser Menschenschläge eben nur einen geben kann. Treffen zwei Besserwisser aufeinander dann wird es anstrengend, weil jeder für sich es gewohnt ist, andere zu berichtigen anstatt ständig berichtigt zu werden. Logisch also, dass der typische Besserwisser sich von einem Menschen gleicher Gesinnung und gleichen Verhaltens gestört und vielleicht sogar abgewertet fühlt und diese Menschen deswegen nicht mag.

Das Gleiche dürfte bei Leuten der Fall sein, die sich für was Besseres halten und die sehr überheblich sind. Mit so einem Verhalten gibt man ja seinem Umfeld regelmäßig das Gefühl, minderwertig zu sein. Und selbst wenn jemand sehr selbstbewusst und überheblich ist, dann merkt er natürlich, wenn er von seinem Gegenüber als schlechter angesehen wird. Dass jemand, der recht selbstverliebt ist damit nicht umgehen kann, liegt ja auf der Hand.

Ich glaube, dass ich mich erinnern kann, dass es schon mal eine Studie gab, bei der es darum ging, dass man oftmals bei anderen Menschen genau die Eigenschaften nicht mag, die man selbst aufweist und vor allem an sich selbst vielleicht auch nicht leiden kann. So ist es oftmals so, dass Leute, die eigentlich total hinterhältig sind, andere Leute, die genau das gleiche Verhalten aufweisen, nicht mögen.

Ich selbst zum Beispiel bin doch sehr selbstbewusst, was manchmal nervig ist, da ich dann manchmal auch Dinge tue, die ich im Nachhinein dann doch sehr bereue. Wie es der Zufall will, ist es aber oft genug so, dass mir Menschen, die ebenfalls sehr selbstbewusst sind (im schlimmsten Falle dazu auch noch eingebildet, was ich, meiner Meinung nach, nicht bin) gewaltig unsympathisch sind und ich mich mit ihnen nicht anfreunden kann. Da dies aber nur auf wenige Menschen zutrifft, mache ich lieber einen Bogen drum.

Jedoch gibt es auch welche, die ebenfalls sehr selbstbewusst sind, mit denen ich ausgezeichnet klar komme (meine beste Freundin zum Beispiel). Ich denke von daher, dass es nicht nur von dieser einen Eigenschaft abhängt, sondern davon, mit welchen anderen Eigenschaften sich diese eine spezielle paart.

Ich habe eine gute Freundin, die hat zweieiige Zwillingsmädchen im Grundschulalter mittlerweile. Die beiden Mädchen sind sehr unterschiedlich, aber man kann eindeutig sagen, welches dem Vater und welches der Mutter näher kommt. Schon vor ein paar Jahren hat mir meine Freundin recht verzweifelt erklärt, dass sie letzterem Kind irgendwo gar nicht gerecht werden kann, weil das Kind sie einfach extrem nervt und sie teils übermäßig genervt darauf auch dann reagiert.

Wir haben da öfter und lange drüber gesprochen bis ich irgendwann zu der Feststellung kam, dass eigentlich genau die Eigenschaften an dem Kind sie zur Weißglut trieben, die sie an sich selbst nicht mag. Ich denke, dass solche Beziehungen auch etwas mit Selbstreflektion zu tun haben können, was nicht zwangsläufig bewusst statt finden muss.

Ich habe in dem von dir verlinktem Beitrag ja geschildert, dass ich Probleme mit Menschen habe, die von oben herab ihre Machtposition ausnutzen. Gepaart ist das in der Regel auch damit, dass die Fehler die kritisiert werden und für die man mich und andere als Dummchen dastehen lässt, von den Leuten selbst immer wieder gemacht werden. Ab und neige ich dann dazu, als Gegenargument zu liefern, dass mein Gegenüber es ja genauso macht. Die Reaktion ist immer die selbe, man wird von oben herab gemaßregelt, da die betreffende Personen ja nie was falsch machen, auch wenn es offensichtlich ist und es auch andere Personen ansprechen.

Ich selbst neige mittlerweile dazu, dass ich im Umgang mit anderen Menschen darauf achte, dass ich nicht genauso handle. Und es klappt relativ gut. Für mich sind alle Menschen gleich und ich versuche sie auch auf einer Augenhöhe zu behandeln. Und ich habe damit durchaus gute Erfahrungen gemacht. Auch wenn es darum ging, dass ich eine Machtposition hatte. Ich diskutiere lieber was aus, bis alle es verstanden haben, bevor ich meine Machtposition dazu missbrauche unliebsame Leute los zu werden.