Mietwohnung - Kann man Kündigungsfristen verkürzen?
Familie A wohnt in einem Mehrfamilienhaus. Dort steht im Erdgeschoss eine Wohnung mit zwei Zimmern zum Verkauf. Die Nachbarwohnung wird von Familie B bewohnt und befindet sich in der Zwangsverwaltung. Es wird dafür ein Käufer gesucht. Familie A würde gerne beide Wohnungen kaufen, falls zwei Fakten machbar sind.
Zum einen müsste in einer Eigentümerversammlung die Zustimmung eingeholt werden, dass Familie A bauliche Veränderungen im Hausflur vornehmen darf, damit man beide Wohnungen zu einer zusammen schließen kann. Zum anderen steht Familie A vor der Frage, ob sie die Kündigungsfrist gegenüber Familie B wegen Eigenbedarf verkürzen kann. Familie A würde dafür der Familie B entsprechend neuen Wohnraum suchen. Also so, dass Wohnungsgröße und Miete etwa den jetzigen Werten entsprechen.
Ist es also möglich über solche Zugeständnisse die Kündigungsfristen zu verkürzen? Denn damit würde man Familie B ja einiges an Arbeit ersparen, wenn man sich als neuer Wohnungseigentümer darum kümmert. Oder hat da Familie A keine Chance und muss die gesetzlichen Kündigungsfristen einhalten? Sollte es allerdings möglich sein, wie sich das Familie A wünscht, so steht auch die Frage im Raum wie viele Wohnung Familie B vorgeschlagen werden müssen.
Nein ist es nicht. Es gelten immer die gesetzlichen Fristen, die auch in diesem Fall gelten würden. Natürlich kann man versuchen mit den derzeitigen Mietern der Wohnung zu sprechen und diesen ein entsprechendes Angebot zu machen. Eine Kündigung aus Eigenbedarf dürfte sowieso erst einmal schwer werden, da dieser ja nicht zwingend besteht, da ja Wohnraum für die Familie vorhanden ist.
Ich persönlich würde das Gespräch mit dem derzeitigen Mieter suchen, denn dann lässt sich am ehesten eine einvernehmliche Lösung finden. Was die baulichen Veränderungen angeht, so muss nicht nur die Eigentümerversammlung zustimmen sondern es muss auch eine Baugenehmigung vom Bauamt eingeholt werden, da ja aus 2 Wohnungen im Prinzip eine gemacht wird.
Wieso sollte kein Eigenbedarf vorliegen? Familie A hat mehrere Kinder, aber nur ein Kinderzimmer. Mit dem Kauf der beiden Wohnungen würde es für jedes Kind ein eigenes Zimmer geben. Zumindest ist der Eigenbedarf in sofern vorhanden, dass man eben die Kinder nach Geschlecht trennen kann. Und Familie A würde wesentlich günstiger wohnen können, da zwar eine Finanzierung für den Kauf notwendig würde, diese aber eine geringere monatliche Belastung darstellt, als die jetzige Kaltmiete.
Was die baulichen Veränderung angeht, so würde man nur beide Wohnungstüren ausbauen. Eine davon würde an einer anderen Stelle im Hausflur wieder verwendet. Dort müsste man halt nur eine Wand hochziehen, mit den vorhanden Wänden verbinden und eben die Tür einbauen. Eine wirklich nachhaltige bauliche Veränderung, welche die Statik beeinflusst wäre es dadurch eben nicht.
Der Kauf bricht die Miete nicht und der Käufer übernimmt alle Pflichten und Rechte des Verkäufers. Damit kann die Kündigungsfrist nicht "verkürzt" werden. Und das Argument "Eigenbedarf" zieht hier natürlich nicht, weil der Käufer in dem Fall ja vorab genau gewusst hat, das die Wohnung vermietet ist. Das ist der Grund, aus dem Vermieter gerne Mieter los werden wollen: es ist oftmals - gerade beim Verkauf - viel lukrativer eine leer stehende Wohnung anzubieten, als "Altlasten" anhängend zu haben. Das die Wohnung vermietet ist, sollte ja beim Verkauf auch im Preis berücksichtigt werden!
In so einem Fall dürfte der Verkäufer endlos viele Wohnungen "vorschlagen": solange die Mieter nicht einverstanden sind, müssen sie sich nicht bewegen. Und wenn sie Ärger machen wollen, können sie sogar gegen eine ordentliche Kündigung insofern vorgehen, als das es Zeit kostet. Im schlimmsten Fall lassen sie sich sogar Zwangsräumen - offenbar drohen ihnen ja keine realen Kosten (weil nichts zu holen ist).
Aber es muss ja gar nicht zu so einem Horrorszenario kommen und man hat durchaus die Möglichkeit, hier auf die Mietpartei Einfluss zu nehmen. Indem man tatsächlich zum einen eine Wohnung findet, zum anderen beim Umzug "behilflich" ist und sich erkenntlich zeigt. Natürlich erst nach Vollzug des Auszugs!
Wie definiert sich denn Eigenbedarf nun genau? Denn Familie A hat den Bedarf nach größerem Wohnraum, eben weil die Kinder zumindest soweit eigene Zimmer bekommen sollen, damit Jungen für sich sind und die Tochter ein Zimmer hat. Das ist bisher nicht möglich in der aktuell bewohnten Mietwohnung, da eben zu wenige, wenn auch recht große Zimmer vorhanden sind.
Ob jetzt grundsätzlich der Wunsch nach einem Zimmer für jedes Kind eine Eigenbedarfskündigung rechtfertigen würde, weiß ich nicht. Zumal ja auch die Vergangenheit bewiesen hat, dass die Kinder auch so wohnen können, wie es aktuell der Fall ist! Aber das soll jetzt nicht die Frage sein. Denn selbst wenn dieser Fall im Prinzip eine Eigenbedarfskündigung rechtfertigen würde, rechtfertigt es nicht, eine vermietete Wohnung zu kaufen und dann mit der Begründung "Eigenbedarf" zu kündigen. Schließlich ist der Eigenbedarf schon da, bevor die Wohnung gekauft wurde. Hier wird ein jeder Richter einwenden, dass es zumutbar gewesen wäre, dann von Beginn an eine passende und freie Wohnung zu suchen/kaufen, und nicht hier ein bestehendes Mietverhältnis zu gefährden.
Zwar gibt es durchaus Richter, die in so einem Fall so urteilen, dass eine Eigenbedarfskündigung gerechtfertigt ist. Das aber bedeutet, dass die Kündigung für den Mieter keine nicht zu rechtfertigende Härte bedeutet. Und so was ist oft schwer zu finden - insbesondere, wenn der Mieter in einer "schwierigen Lebenssituation" ist und die echte Räumung Obdachlosigkeit nach sich ziehen würde.
Wenn Familie A auf mehr Platz angewiesen ist, sollte Familie A sich auf keine riskanten Spiele einsetzen, die juristisch offen sind. Ja noch nicht mal auf Spiele einlassen, die juristisch klar wären (z.B. bei Zwangsversteigerungen). Es ist eben immer so, dass die Gegenseite auch die juristischen Möglichkeiten ausnutzen könnte, was die Prozedur nicht aufhalten aber doch hinauszögern kann. Wenn Familie A dann nicht die Mittel hat, die Sache auch über Monate auszusitzen, ruiniert es am Ende beide Parteien.
derpunkt hat geschrieben:Der Kauf bricht die Miete nicht und der Käufer übernimmt alle Pflichten und Rechte des Verkäufers. Damit kann die Kündigungsfrist nicht "verkürzt" werden. Und das Argument "Eigenbedarf" zieht hier natürlich nicht, weil der Käufer in dem Fall ja vorab genau gewusst hat, das die Wohnung vermietet ist.
Zwar bricht Kauf Miete nicht, aber dass man dann mit Eigenbedarf nicht weiter kommt, ist Unsinn. Hier sollte aber, wie immer bei einer Eigenbedarfskündigung, glaubhaft und nachvollziehbar argumentiert werden. Dass eine größere Wohnung nötig ist, ist durchaus ein Grund, der vermehrte Platzbedarf kann ja gut begründet werden.
Familie A sollte aber auf jeden Fall schauen, welche Fristen einzuhalten sind. Ich habe mich vor Jahren diesbezüglich mal von einem Anwalt beraten lassen, habe aber nicht mehr die genauen Fristen im Kopf, diese könnten sich außerdem auch schon wieder geändert haben.
Dass sich die Kündigungsfrist verkürzen lässt, ist sicher denkbar, wenn man denn wie Familie A vorgeht und der Familie B entgegen kommt. Das wird tagtäglich so gehandhabt, auch wenn es dazu sicher keine Rechtsgrundlage gibt. Hier müssen beide Familien eine Vereinbarung finden, die beiden passt.
JotJot hat geschrieben:Das wird tagtäglich so gehandhabt, auch wenn es dazu sicher keine Rechtsgrundlage gibt.
Natürlich wird das so gehandhabt und hier versucht jeder seine Interessen zu vertreten. Es ist gar nicht notwendig, für jeden solchen Fall gleich ein Gericht bemühen zu wollen. Das Vorgehen, eben im Dialog zu einer Lösung zu kommen, ist das, was das menschsein ausmacht. Nur hier mit der Rechtsgrundlage zu kommen, ist einfach schwierig, weil der Platzbedarf zwar dann eine Eigenbedarfskündigung rechtfertigen kann, wenn man bereits über den Wohnraum verfügt. Aber eine unbefristet vermietete Wohnung mit der Absicht zu kaufen, hier eine Eigenbedarfskündigung durchzusetzen, ist schon sehr mutig. Insbesondere, wenn man tatsächlich auf Tage genau geplant hat und eben nicht alle Instanzen ruhig abwarten kann.
Was in so einem Fall in jedem Fall geht, ist das Aussprechen der ordentlichen Kündigung mit der Begründung des Eigenbedarfs! Das aber verkürzt keine Kündigungsfristen und - wie schon geschrieben - der Mieter kann sich gegen die Kündigung zu Wehr setzen. Das macht die Angelegenheit dann für alle (!) Beteiligten zu einer unschönen und teuren Geschichte. Schließlich hindert niemand den Mieter, jede gegebene Frist (und da ist man schon mal bei jedem Vorgang schnell bei vier Wochen!) bis zum letzten Tag auszunutzen.
derpunkt hat geschrieben:Aber eine unbefristet vermietete Wohnung mit der Absicht zu kaufen, hier eine Eigenbedarfskündigung durchzusetzen, ist schon sehr mutig. ...
Was in so einem Fall in jedem Fall geht, ist das Aussprechen der ordentlichen Kündigung mit der Begründung des Eigenbedarfs! Das aber verkürzt keine Kündigungsfristen und - wie schon geschrieben - der Mieter kann sich gegen die Kündigung zu Wehr setzen.
Natürlich kann der Mieter sich zur Wehr setzen. Allerdings bin ich mir mit den Fristen nicht so sicher. Wie schon geschrieben habe ich mich aber in einer ähnlichen Situation anwaltlich beraten lassen und das Ergebnis war eben, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, die auch noch ganz legal sind. Ich habe sie aber nicht mehr genau im Kopf, weiß aber noch ganz sicher, dass ich nach der Beratung dann eben doch den Weg gegangen bin, der mir (nach Beratung durch juristische Laien) schon verbaut schien.
@derpunkt: Es geht in diesem Fall nicht darum die Mieter auf Biegen und Brechen vorher aus der Wohnung zu bekommen. Aber nehmen wir an, dass Familie A als neuer Vermieter eine Kündigungsfrist von sechs Monaten hätte, weil eben Familie B schon mehr als fünf Jahre dort wohnt. Familie A bietet daraufhin an, dass Familie B entsprechende Unterstützung gewährt wird, wie eben Wohnungssuche und auch Hilfe beim Umzug, wenn sie vorher ausziehen würden. Fiktiv mal acht Wochen als Vorschlag.
Somit würde Familie A auch schon wesentlich schneller umziehen können und zwar ganze vier Monate, was sich ja auch finanziell bemerkbar machen täte. Es geht nicht darum die Familie B eventuell vorher rauszuklagen, sondern ihnen ein Angebot zu unterbreiten, welches man schriftlich festhalten würde, um späteren Problemen vorzubeugen.
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