Das Rapunzel-Syndrom, psychische Krankheit

Ich habe vor wenigen Tagen durch einen Nachrichtenartikel von einer sehr ungewöhnlichen Erkrankung erfahren. Es geht um das Rapunzel-Syndrom. Ich habe zuerst gedacht, da hat sich jemand Reißerisches von der Presse einen wohlklingenden Trivialnamen ausgedacht, aber nein, diese Krankheit heißt tatsächlich, ganz offiziell, so.

Bei dieser Krankheit spielen tatsächlich Haare eine Rolle. Und zwar werden diese von der erkrankten Person ausgerissen und gegessen. Diese Personen essen tatsächlich ihre eigenen Haare, über Monate und Jahre hinweg, sodass sich eine größere Menge sammelt, die sich dann als Gewölle, Benzoar genannt, im Magen und Darm verheddert. Das kann dann zu einer Verstopfung führen, was lebensbedrohlich enden kann. Dieser verklumpte Haar-Benzoar muss dann auch operativ entfernt werden. Von der Krankheit sind übrigens hauptsächlich junge Frauen betroffen.

Das Ausreißen von Haaren allein, ohne das nachfolgende Essen, ist übrigens als eigene psychische Erkrankung gar nicht so selten. Es soll wohl häufiger bei depressiven Menschen oder Menschen mit der Borderline-Erkrankung vorkommen, sowie allgemein bei Personen, die zu selbstverletzendem Verhalten neigen, denn auch das Ausreißen der Haare ist ja irgendwie eine Art von Selbstverletzung. Die psychische Erkrankung des Rapunzel-Syndroms, bei dem die Haare nicht nur ausgerissen werden, sondern zusätzlich gegessen, soll hingegen weitaus seltener sein. Dokumentierte Fälle gibt es da wohl wirklich nur sehr wenige.

Ursachen für die Krankheit habe ich nirgends erfahren können. Weiß jemand von euch, was die Leute dazu bewegt, ihre Haare zu essen? Machen sie das bewusst, oder unbewusst nebenbei? Bei denen, die sich die Haare "nur" ausreißen, gibt es da ja wohl beide Fälle, also, dass sie sich nebenbei bei Stress, während sie auf andere Dinge konzentriert sind, unmerklich mit den Händen die Haare abfummeln, das kommt genauso oft vor, wie, dass einige der Betroffenen sich absichtlich die Haare in einem Wutabfall bewusst abreißen. Aber wie ist es beim Rapunzel-Syndrom? Und vor allen Dingen verstehe ich ehrlich gesagt nicht, wieso die Haare dann gegessen werden. Das Abreißen als Verursacher von Schmerz, oder aber als Stressabbau durch das aggressive Ausreißen, das ist ja irgendwie zumindest logisch nachvollziehbar. Aber was bringt das Essen der Haare der betroffenen Person für eine Erleichterung?

Außerdem frage ich mich, wieso heißt das Syndrom Rapunzel-Syndrom? Wegen der Haare allein? Denn eigentlich hatte Rapunzel ja ihre Haare nicht gegessen, nicht einmal selbst abgeschnitten, sondern sie pflegte sie ja im Gegenteil immer sehr gut. Und sie hatte sehr langes Haar. Wieso also wird eine Krankheit, bei der nicht langes, gut gepflegtes, Haar eine Rolle spielt, sondern bei der das Haar ausgerissen und gegessen wird, ausgerechnet nach Rapunzel benannt?

Wer am Rapunzelsyndrom leidet, der hat auf jeden Fall eine Verhaltensstörung und muss auf jeden Fall psychologische Hilfe aufsuchen. Man hat zwar herausgefunden, dass Frauen oftmals von dieser Krankheit betroffen sind, jedoch konnte man auch nicht so genau feststellen was die Gründe dafür sind. Wahrscheinlich ist das eine Form von einer Störung der Impulskontrolle, wozu zum Beispiel auch Essen, Kaufen, Nägelkauen und auch Selbstverletzungen zählen.

Auf jeden Fall reißen sich die Betroffenen die Haare aus, also ist das Trichotillomanie, welche durch traumatische Erlebnisse oder andere schwerwiegende Ereignisse ausgelöst werden können. Aber wieso dann die Haare gegessen werden? Vielleicht eine Zwangshandlung? Diese ergeben ja auch nicht immer unbedingt einen „Sinn" für Menschen, die nicht von diesen Erkrankungen betroffen sind. Ja, irgendwie ist das alles sehr komisch, aber wenn selbst Experten ratlos sind, wieso sollten wir es dann auch nicht sein?

Den Namen der Erkrankung Rapunzelsyndrom finde ich gar nicht so ungewöhnlich, immerhin gibt es auch das Alice-im-Wunderland-Syndrom, Peter-Pan-Syndrom und auch anscheinend einen Cinderella-Komplex.