Gefängnisinsel - Was haltet ihr davon?

vom 01.08.2011, 14:09 Uhr

Ich habe gestern einen Bericht im Fernsehen gesehen, ich glaube es war im ZDF. Da ging es um eine Gefängnisinsel, genauer um die Gefängnisinsel Bastoy! Für alle, denen dies nichts sagt und die so etwas nicht kenne, möchte ich hier kurz erläutern, was gestern im Bericht zu sehen war:

Es ging darum, dass Kriminelle, teilweise auch wirklich Täter von schweren Kriminaltaten, auf diese Insel kommen und dort quasi ihre Jahre "absitzen". Es sind dort Verbrecher von Diebstählen zu finden, genauso wie Mörder. Die Insel ist eine reine Gefängnisinsel und Fluchtversuche sind so gut wie nicht möglich und werden auch nicht unternommen (es wurde gesagt, dass lediglich ein Fluchtversuch unternommen wurde und der ist gescheitert).
Die Gefangenen leben dort einen fast normalen Alltag. Sie wohnen in Wohngemeinschaften in Bungalows, meist zu fünft oder zu sechst und haben wirklich schöne Wohnbereiche. Sie haben alles, was das Herz begehrt: jeder sein eigenes Zimmer, also einen eigenen Privatbereich, dann eine Küche, Fernseher, schönes Bad!

Sie müssen selbst Kochen, haben einen eigenen Supermarkt, den sie besuchen können und haben auch Freizeiteinrichtungen wie Fitnessräume, eine Band oder Kochkurse. Auch arbeiten sie dort z.B. als Waldarbeiter (da wurde besonders hervorgehoben, dass etwa auch ein Kettensägen-Mörder mit der Kettensäge Holz fällen darf).

Ziel ist es, die Menschen dort nicht völlig zu isolieren und jeder Verantwortung zu entziehen, sondern sie wieder in die Gesellschaft einzugliedern und ihnen richtiges Verhalten "beizubringen". Nur 16% der Entlassenen werden in den ersten zwei Jahren nach der Entlassung rückfällig, bei anderen Gefängnissen die Hälfte, so hieß es.

Mich würde nun interessieren, was ihr von dieser Praxis hält, wie ihr darüber denkt. Ich persönlich finde es durchaus toll, dass es dies gibt und dass die Gefangen so die Chance haben, bessere Menschen zu werden. Was ich allerdings nicht so toll finde, ist, dass auch Mörder dort sind (auch Serientäter), denn wenn man ein Menschenleben auf dem Gewissen hat, dann solle man nicht so eine "schöne" Strafe absitzen, finde ich. Ebenso wenig finde ich es toll, dass Sexualstraftäter dort hin dürfen, denn auch die sollten schlimmere Strafen bekommen, meine ich (diese sind aber auch sehr unbeliebt bei den anderen Gefangenen). Also was meint ihr?

» Gismo1505 » Beiträge: 165 » Talkpoints: 121,59 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ist aus der Sendung auch hervorgegangen, wie viele Straftaten untereinander begangen werden? Um es gleich mal auf den Punkt zu bringen: Ich halte davon gar nichts. Straftäter, gerade welche die wegen Körperverletzung, Mord, Vergewaltigung und ähnliches einsitzen, sollten nicht SO ein Leben führen dürfen. Haft muss bedeuten: Wegsperren. Natürlich nicht so, wie es zum Teil in China und anderen Ländern der Fall ist, aber eben wegsperren. Eine Stunde am Tag frische Luft und der Rest arbeiten und danach ab in die Zelle.

Sind denn auf der Insel auch Wärter, oder sind die Häftlinge auf sich alleine gestellt? Das ist irgendwie nicht so ganz aus deiner Erzählung klar geworden! Ich meine, wenn dort Wärter sind, ist einfach nur ein angenehmes Gefängnis, das einen "normalen" Alltag ermöglicht und wenn dort keine Wärter sind, herrscht früher oder später Anarchie auf der Insel! Die Macht des Stärkeren. Ob das noch was mit "sozialisieren" zu tun hat, weiß ich auch nicht.

» AJK » Beiträge: 318 » Talkpoints: 23,03 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Wenn es denn hilft, dann ist mir jede Methode recht. Und so einfach ist das da nun auch nicht und einige scheitern auch an dem offenen Konzept. Zudem muss man schon einen Großteil seiner Strafe woanders abgesessen haben und ohne, dass sich jeder an der Gemeinschaft beteiligt, fliegt man raus. Also umsonst ist das nicht zu haben, auch wenn das für Außenstehende als das Paradies erscheint.

Die Norweger sind nun mal ein liberales Völkchen, aber auch da weht der Wind so langsam aus der miefigen Ecke, wo er überall her weht. In Norwegen heißt der Verein Fremskrittspartiet, woanders FPÖ, Tea Party oder Lijst Pim Fortuyn. Die Ausprägungen sind immer etwas anders. Diese Fremskrittspartiet ist ein gemäßigt nationalistischer und fremdenfeindlicher Haufen. Kurz gefasst: immigrationsfeindlich, fremdenfeindlich, marktgläubig, neoliberal. Sollten diese Leute, weiter an Macht gewinnen, dann wird dieser offene Vollzug in Norwegen bald Geschichte sein. Diese Leute hassen so etwas. Da diese Leute in sehr einfachen Strukturen denken, würden die vermutlich eher einem "Rübe ab", als einem Inselparadies zustimmen.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich halte sehr viel von solchen Gefängnissen, und finde, dass er mehr davon geben sollte. Ich habe den Bericht auch gesehen, und es hieß darin, dass es kaum Probleme zwischen den gefangenen gibt. Ich denke auch, dass man es sich zu leicht vorstellt, denn es ist immer noch ein Gefängnis, und sie müssen ja wie bereits erwähnt wurde bereits wo anders, die meiste Zeit ihrer Strafe abgesessen haben, und sich positiv gezeigt haben. Ich persönlich bin sehr für wieder Eingliederung von Verbrechern, egal was sie getan haben, jeder bei dem es Möglich ist, sollte die Möglichkeit bekommen.

Wiedereingliederung aus dem Gefängnis ist sehr schwer, die Häftlinge verlieren den Bezug, zu einem normalen Leben, sind sehr isoliert, und viele werden durch das Gefängnis zu noch härteren Menschen, als sie davor waren. Und dass ist ja auch nachvollziehbar. Wenn man sich beweisen muss, um nicht unterzugehen, dann tut man dies auch. Und dass es zu viel Stress im Gefängnis kommt, ist klar. Man muss bedenken, dass die Häftlinge dort unter enormen Druck stehen und keine Chance haben, diesen Raus zulassen. Ich finde dieses Gefängnis, zeigt Eindeutig, dass es sinnvoll ist. Natürlich gibt es auch dort Leute, welche rückfällig werden, aber dieses Problem hast du natürlich immer. So haben die Häftlinge, wenigstens eine Chance auf Wiedereingliederung, und die Chancen steigen, dass er nicht rückfällig wird. Schließlich kann man sie nicht für immer einschließen, und dass ist auch gut so.

» milli23 » Beiträge: 1214 » Talkpoints: 2,62 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich glaube ich habe auch einmal von dieser Gefängnisinsel einen Bericht im Fernsehen gesehen. Allerdings liegt dies zeitlich schon ein wenig zurück. Die Idee an sich ist keine schlechte. So wie es im Fernsehen dargestellt wurde, funktioniert dies auch. Auf der einen Seite sollte man solchen Menschen eigentlich nicht solch eine schöne Insel zur Verfügung stellen, denn es soll ja auch irgendwo als Strafe angesehen werden. Laut den Interviews sehen die Gefangenen das ganze dort gar nicht als Gefängnis an. Sie sehen als fast normales Leben an. Sie sind halt nur ein wenig Isoliert, was den Platz betrifft. Aber sie haben doch alles. So werden natürlich Aggressionen, wie sie im "normalen" Gefängnis entwickelt werden, nicht auf so einfach Art und Weise entstehen. Die Leute sind dort entspannter. Sie haben eine wunderschöne Landschaft um sich herum und können es dort regelrecht genießen. Das es keine oder nur kaum Ausschreitungen untereinander gibt, kann man eigentlich nur dieser Sache verdanken.

In normalen Gefängnissen ist ein Gefangener nahezu den ganzen Tag in seiner Zelle eingesperrt. Das dort Aggressionen in ungeahntem Ausmaß entstehen, kann ich mir nur zu gut vorstellen. Wenn hier mal einer durchdreht, was ja öfters passiert, dann richtig. In dieser Hinsicht finde ich diese Gefängnisinsel gut. Allerdings weiß man nie was wirklich dahinter steckt. Das Fernsehen stellt viele Dinge anders da als sie wirklich sind. Es könnte auch sein, dass hier nur die Fassade gezeigt wurde und in Wahrheit dort ein anderer, rauerer Ton herrscht als es das Fernsehen vermittelt oder vermitteln darf. Schließlich wollen die Erfinder dieser Insel nicht ins schlechte Licht mit ihrer teuren und tollen Idee gerückt werden.

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» Zohan » Beiträge: 4398 » Talkpoints: 16,33 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Ich bin bei diesem Thema immer sehr zwiegespalten. Einserseits glaube ich schon, dass den Tätern die Wiedereingliederung nach der Haftstrafe erleichtert wird und nicht so viele Täter rückfällig werden, andererseits ist es doch auch so, dass diese Situation für viele Täter sogar eine Art Luxus und Belohnung darstellt.

Meiner Meinung nach sollte es ein solches Gefängnis bzw. generell den "Kuschelvollzug" nur für Ersttäter, Jugendliche oder Kleinkriminelle geben. Wer wegen Betrug oder Diebstahl oder auch einfacher Körperverletzung ins Gefängnis muss, für den ist das vielleicht in Ordnung, aber einem Mörder so viele Möglichkeiten und Freiheiten zu geben, davon halte ich gar nichts. Das ist doch ein Schlag ins Gesicht für die Opfer bzw. die Angehörigen. Da wurde jemand grausam ermordet und der Täter ist nun auf einer Insel, wohnt mit mehreren anderen in einem Bungalow, hat eine Kochmöglichkeit, arbeitet als Waldarbeiter und hat die Möglichkeit, nebenbei noch etwas Sport zu machen, in einer Band zu spielen oder Kochkurse zu besuchen. Das kann doch auch nicht Sinn der Sache sein.

» SuperGrobi » Beiträge: 3876 » Talkpoints: 3,22 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


SuperGrobi hat geschrieben:[...]andererseits ist es doch auch so, dass diese Situation für viele Täter sogar eine Art Luxus und Belohnung darstellt.

Und für viele ist das dann sogar das erste Mal im Leben, dass ihnen jemand Verantwortung zuweist und sie ernst nimmt und das erste Mal im Leben so etwas wie Normalität erleben. Die einen reagieren darauf mit Erstaunen und Dankbarkeit, andere kommen damit überhaupt nicht klar, weil sie so viel Hass in sich haben oder weil sie annehmen, sie würden vom System gebrochen, eben weil sie nicht die Gelegenheit ergreifen und stiften gehen, sondern freiwillig bleiben. Das, was du also so selbstverständlich als Luxus und Belohnung bezeichnest, ist es für viele gar nicht. Es ist schlimmer als Knast, weil die Leute plötzlich auch gegen sich selbst kämpfen müssen. Zudem können die sich nicht hinsetzen und sich ausruhen, sondern werden dort nur akzeptiert, wenn sie der Gemeinschaft etwas zurückgeben.

SuperGrobi hat geschrieben:[...]Meiner Meinung nach sollte es ein solches Gefängnis bzw. generell den "Kuschelvollzug" nur für Ersttäter, Jugendliche oder Kleinkriminelle geben. Wer wegen Betrug oder Diebstahl oder auch einfacher Körperverletzung ins Gefängnis muss, für den ist das vielleicht in Ordnung, aber einem Mörder so viele Möglichkeiten und Freiheiten zu geben, davon halte ich gar nichts.

Weil du Rache willst, was im ersten Moment auch zu verstehen ist, nur funktioniert das System Rache so unheimlich schlecht. In einer law & order Welt, in der man voraussetzt, dass Strafe den Menschen umherzieht und zwar je härter und unangenehmer die Strafe, desto besser, da funktioniert so ein Denken. Aber in der Realität ist das eben bei weitem nicht immer so. Schließlich müssen die Leute irgendwann zurück in die Gesellschaft und da ist mir ehrlich gesagt, der Inselmensch lieber, der schon wieder Verantwortung gelernt hat.

Zudem kommen die Leute nicht von Anfang an auf diese Insel, sondern nach meinem Kenntnisstand müssen sie erst zwei Drittel ihrer Strafe in einem normalen Vollzug absitzen.

Dieses Modell findet in Norwegen statt und man versteht es dann eben vielleicht auch nur, wenn man die Norweger kennt. Die norwegische Gesellschaft ist deutlich anders als unsere. Auch in dieser Hinsicht. Das sieht man doch auch an den Reaktionen der Leute auf das Attentat vor zwei Wochen. Ich habe da nichts von Rache oder Vergeltung oder Hass gehört, auch wenn es das hier und da bestimmt gegeben hat. Aber im Kern reagiert man bei uns auf so etwas mit dem Wunsch nach mehr Sicherheit, mehr Überwachung, mehr Kontrolle, mehr Einschränkung und dort eben mit dem Wunsch nach mehr Humanität und mehr Demokratie. Im Hass sieht man dort keinen Sinn. Und wenn man das halbwegs versteht, versteht man auch die Sache mit dem Strafvollzug.

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» Richtlinie2 » Beiträge: 1872 » Talkpoints: -0,63 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Richtlinie2, ich will keine Rache, sondern Gerechtigkeit. Und ob du es glaubst oder nicht, ich kenne mich mit dem Thema Strafvollzug sehr gut aus, Begriffe wie Pönologie, Spezial- und Generalprävention sind mir durchaus bekannt, dennoch halte ich nicht in allen Fällen etwas davon.

Warst du mal in einem Gefängnis, hast du mal eins von innen gesehen? Nun, ich habe es und weiß, wie die Gefangenen dort leben. Unter anderem war ich auch mal in einer Jugendarrestanstalt. Dort ist es auch so, dass die Jugendlichen viele Möglichkeiten haben. Die, die länger dort sind, können eine Ausbildung absolvieren, die anderen können Kurse belegen, sie arbeiten im Garten und in Werkstätten, haben einen riesigen und topmodernen Fitnessraum und einen Gruppenraum, wo sie mit mehreren Mithäftlingen essen.

In dieser Anstalt waren aber auch fast ausnahmslos Kleinkriminelle und es waren eben Jugendliche. An denen kann man vielleicht noch etwas drehen. Ich finde es gut, dass die Jugendlichen die Möglichkeit haben, eine Ausbildung zu bekommen und mal erfahren, wie es ist zu arbeiten. So haben sie nach ihrer Haft gute Chancen, eine Arbeit zu finden und ein geregeltes Leben zu führen und nicht erneut straffällig zu werden.

Für einige der Jugendlichen bedeuten diese Zustände in der Anstalt tatsächlich Luxus. Sie hatten vorher nicht die Möglichkeit, Sport zu machen, hatten teilweise nicht mal ein Dach über dem Kopf. Jetzt lernen sie im Knast, dass man auch anders leben kann. Ich finde das absolut richtig, da ich hierdrin die einzige Möglichkeit sehe, wie diese Leute nicht mehr kriminell werden.

Aber der 40jährige Familienvater zum Beispiel, der mehrere Kinder sexuell missbraucht und tötet, muss man diesem tatsächlich so viel "Luxus" geben? Meiner Meinung nach braucht man so jemanden nicht wieder in die Gesellschaft eingliedern, da hier ein "lebenslänglich" auch wirklich lebenslänglich heißen sollte. Du kannst das nennen wie du willst, ich sehe das nicht als Rache an, sondern als gerecht.

Meiner Meinung nach muss man hier wirklich unterscheiden, wer wie behandelt wird. Aber ich weiß, eine kleine Zelle mit Bett, Matratze und Toilette würde ja gegen die Grundrechte verstoßen. Wenn ich aber jemanden umbringe, dann ist das schließlich auch ein Grundrechtsverstoß.

» SuperGrobi » Beiträge: 3876 » Talkpoints: 3,22 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich finde das ist ein guter Weg zur Rehabilitation und selbst wenn dort Sexualverbrecher und Mörder sitzen, ist das keine zu milde Strafe, da die meisten davon eine psychische Störung haben. Und eine härtere Strafe würde denen auch nicht helfen wieder in den Alltag zu finden und nicht rückfällig zu werden.

» Nioco » Beiträge: 1 » Talkpoints: 0,09 »


SuperGrobi hat geschrieben:[...]Aber der 40jährige Familienvater zum Beispiel, der mehrere Kinder sexuell missbraucht und tötet, muss man diesem tatsächlich so viel "Luxus" geben?

Ich denke, man muss sich die grundsätzliche Frage stellen, ob man an das Gute im Menschen glauben möchte. Und man muss sich fragen, ob man beseelt ist von dem Gedanken Auge um Auge, Zahn um Zahn. Dass, was wir z. B. gerne der Scharia vorwerfen. Ich halte da nichts von, weil es außer Rachegefühlen niemandem nützt. Und Rache hat noch nie zu etwas geführt, was man am Konzept der Blutrache auch leicht erkennen kann.

Zudem ignorierst du aufs Gröbste die Feinheiten des Konzepts. Um eine Stelle auf dieser Insel müsssen sich die Gefangenen bewerben, die i. d. R. vorher im normalen Vollzug waren. Hier entscheiden mindestens mal die Direktoren beider Gefängnisse, ob ein Bewerber überhaupt in Frage kommt. Voraussetzungen sind mindestens gute Führung, keine Fluchtgefahr und eine positive Sozialprognose. Wer als gefährlich eingestuft ist und sich in Sicherungsverwahrung befindet, hat natürlich nicht den Hauch einer Chance, diese Möglichkeit zu nutzen. Und nochmal: Die Leute sitzen da nicht den ganzen Tag auf der Veranda und schauen in die Sonne.

Und du vergisst den gesellschaftlichen Aspekt. Die Norweger wollen keine Rache, Sie wollen zwar Konsequenzen für das Verbrechen, aber im Vordergrund steht der Gedanke, dass man nicht möchte, dass sich die Geschichte wiederholt. Norwegen hat keine lebenslange Haftstrafe und keine Todesstrafe. Die Gefangenen - auch Kapitalverbrecher - werden also irgendwann in die Gesellschaft zurückkehren. Will man da nun Menschen, die gebrochen sind, die jahrelang keinen Respekt lernen konnten, weil man ihnen den auch nicht entgegen gebracht hat? Will man Menschen, die jahrelang keine Verantwortung für sich übernehmen mussten, weil andere komplett über ihr Leben verfügen? Selbst das Konzept "Strafe" ist doch fraglich, denn wo auf der Welt verhindert Strafe Verbrechen? Die Stellschrauben liegen offensichtlich an anderer Stelle. Wüsste man doch nur genau wo. Jedenfalls scheinen die Norweger mit diesem Konzept erfolgreicher zu sein, als andere.

Und dass diese Konzepte des offenen Vollzugs besser funktionieren, sieht auch die Wissenschaft nicht anders. Wenn ich das Konzept verfolge, dass Straftäter irgendwann in die Gesellschaft zurückkehren müssen, dann halte ich so eine Übergangszeit zwischen normalem Vollzug und normalem Leben für unabdingbar. Dass auch das nicht bei jedem hilft, damit muss eine Gesellschaft dann wohl leben, zumindest unter den o. g. Voraussetzungen.

Dass an der Stelle in vielen Fällen auch mehr für die Opfer getan werden müsste, das sollte man allerdings auch im Hinterkopf behalten. Das hängt zwar damit zusammen, ist aber eine ganz andere Diskussion.

SuperGrobi hat geschrieben:[...] Aber ich weiß, eine kleine Zelle mit Bett, Matratze und Toilette würde ja gegen die Grundrechte verstoßen. Wenn ich aber jemanden umbringe, dann ist das schließlich auch ein Grundrechtsverstoß.

Du verkürzt die Problematik eben auf schwarz - weiß. In dieses Bild passt dann auch, der von dir genannte 40-jährige Familienvater, der sich an einem Kind vergreift, als würde die Welt der Kriminalität nur aus vergewaltigenden Familienvätern und Mördern bestehen.

Was nützt es denn meiner (mal angenommen) vergewaltigten Frau oder dem missbrauchten Kind, wenn der Vergewaltiger nun tatsächlich bei Wasser und Brot 20 Jahre auf 8 m² mit einem Blecheimer als Klo vegetiert? Das befriedigt vielleicht Rachegelüste für ein paar Monate. Aber die eigentliche Strafe ist doch wohl im Kern, dass man nicht in Freiheit lebt, dass man von Familie und Freunden getrennt ist und das andere weitestgehend über einen selbst entscheiden (das war so ungefähr mein Gefühl bei der Bundeswehr, wenn ich recht überlege). Ich bin jetzt auch nicht dafür, dass jemand in Saus und Braus lebt, aber ich bin dafür, dass man einem Menschen, egal was er getan hat, trotzdem einen Rest an Respekt entgegenbringen muss.

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