Erziehung - Strafen und/oder Belohnungen einsetzen

vom 22.07.2011, 21:05 Uhr

Seit kurzem - im Detail seit circa vier Wochen - ist eine Bekannte der Familie bei uns eingezogen. Nach einer kurzen Eingewöhnung in der alles recht rosig schien und es kaum Probleme gab, begann eine etwa ungemütlichere Phase.

Anfangs ist sie, 13 Jahre, hier eingezogen und hat sich angepasst. Es war eigentlich recht schön, da etwas "frischer Wind" in die Familie kam und wir nicht in unserem tristen Alltag stecken blieben. Wir fuhren ab und an an den ein oder anderen See bzw. eine Talsperre und sind mit dem Hund spazieren gegangen. Bereits zu diesem an sich noch harmonischen Zeitpunkt gab es eine Differenzen zwischen und. Sie störte - wir vermuten bewusst - mir ihrer Musik, die uns allen nicht gefiel. Aber das konnten wir erdulden. Ihr Umgang war alles andere als gepflegt, sie gab sich nur mit Personen ab, die wir als nicht sehr niveauvoll bezeichnen. Dies merkte man auch an der täglichen Sprache, die sehr viele unanständigen Wörter enthielt, die voll von Beleidigungen und gewaltverherrlichenden Begriffen war. Aber auch dies hielt sich - nach einiger Zeit - in Grenzen.

Nun sind wir jedoch an einem Punkt angekommen, wo sie sich nicht mehr anpassen möchte. Sie hört exzessiv laute Musik, sie kommt nach der Schule nicht nach Hause und gibt die Ausrede an, dass sie das vorher nie gebraucht habe. Des Weiteren reagiert sie abweisend gegenüber dem Hund und behandelt diesen - wenn auch ohne Gewalt - sehr schlecht. In Ergänzung hierzu werden ihre Umgangstöne immer schlechter und sie möchte - trotz angemessener schulischer Leistungen und ausreichender Intelligenz - die Hauptschule besuchen, da bei ihr in der Schule, so sie, nur sozial schlechte Lehrer seien.

Vor zwei Tagen wurde es dann jedoch endgültig zu viel. Sie fing an, und an zu brüllen und Gegenstände nach uns zu werfen, sie wollte unsere Fürsorge nicht mehr haben und nur noch bei und schlafen ohne am Familienleben teilzunehmen. Also habe wir, was die Konsequenz hierzu war, Regeln aufgestellt, die ein geeignetes Familienleben ermöglichen sollen. Hierbei sind wir allerdings noch am überlegen, wie wir sie am besten zur Befolgung dieser Regeln animieren könnten. Und genau darum geht meine Hauptfrage:

Ist es besser, Strafen einzusetzen, um vor Fehltritten zu warnen; sollte man Belohnungen einsetzen, um sittlich geläutertes Verhalten zu belohnen; oder ist eine Symbiose aus diesen beiden Systemen notwendig? Wir wissen nicht, was wir machen sollen, denn bei mir - dem einzigen leiblichen Kind hier im Haushalt - hatten wir derartige Probleme oder zumindest Probleme in diesem Ausmaß keinesfalls. Könnt ihr und Tipps geben, was zu tun ist? Wir möchten sie nicht abgeben, da sie uns mittlerweile sehr ans Herz gewachsen ist, jedoch kann es schlecht so weitergehen wie bisher.

» belial94 » Beiträge: 183 » Talkpoints: -0,62 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Leider erklärst du in deinem Beitrag nicht, wie es dazu kam, dass diese Bekannte zu eurer Familie gezogen ist. Es scheint ja doch ein eher ungewöhnlicher Fall zu sein und da gibt es sicher viele Hintergrundinformationen, die uns hier gerade fehlen, für eine konkrete Beratung aber wichtig wären.

Ihr Einzug muss doch von irgendjemandem, zum Beispiel ihren Eltern oder dem Jugendamt, veranlasst und begleitet worden sein. Könnt ihr euch nicht an diese Instanz wenden und fragen, wie das Verhalten des Mädchens dort bewertet wird? Da du von einer Bekannten schreibst, gehe ich davon aus, dass ihr sie schon länger kennt. Hat sie sich denn verändert, seit sie bei euch lebt, oder ist so ein Benehmen für sie typisch?

Insgesamt stelle ich mir die Frage, was eure Erwartungen von der Situation waren? Wie gesagt, mir fehlen hier sehr viele Puzzleteile, um die Geschichte wirklich deuten zu können. Mir scheint jedoch, dass doch wahrscheinlich von vornherein mit gewissen Problemen zu rechnen war, weil es eben für ein dreizehnjähriges Mädchen sicher nicht einfach ist, plötzlich seine Familiensituation so zu verändern - mal ganz abgesehen davon, dass die Gründe für diese Veränderung bestimmt auch schwerwiegend waren. Ihr solltet auf jeden Fall versuchen nachzuvollziehen, warum sie sich so verhält.

Ganz pauschal würde ich die Frage, ob Strafen oder Belohnungen ein besseres Erziehungsmittel darstellen, mit "sowohl als auch" beantworten. Ich persönlich kann mit dem Begriff Strafe nicht sehr viel anfangen, weil ich die Idee des "du hast etwas schlechtes getan, daher wiederfährt dir jetzt etwas schlechtes" nicht akzeptiere.

Meiner Meinung nach ist das Schlüsselwort Konsequenz(en), sowohl bei positivem, wie auch bei negativem Verhalten. Wenn ein Kind zum Beispiel sein Zimmer auch nach mehrmaligem Auffordern nicht aufräumt, ist es konsequent, dass es eine Aktivität, an der es gerne teilnehmen möchte, verpasst, weil in dieser Zeit eben das Zimmer aufgeräumt werden muss. Oder in eurem konkreten Fall: Wenn zum Beispiel die laute Musik das Familienleben generell stört und auch nach dem Versuch, eine "friedliche Regelung" zu erlangen, von dem Mädchen mit Trotz reagiert wird, ist es angebracht, die Musikanlage für eine Zeit aus dem Zimmer zu entfernen. Solche Konsequenzen müssen aber immer von einer Erklärung des Zusammenhangs begleitet werden. Und man darf sich nicht davon abbringen lassen, dass ein Kind vielleicht genervt reagiert, das bedeutet nämlich nicht zwingen, dass die Erklärung nicht gehört wird.

Genauso muss es aber eben auch positive Reaktionen auf erwünschtes Verhalten geben. Dabei muss und sollte eine Belohnung nicht immer nur durch materielle Geschenke ausgedrückt werden; auch eine Umarmung, die von Herzen kommt, oder der bewusste Einschluss in Familienaktivitäten sind passend, weil eben angebrachtes Benehmen konsequent zu Erfolg führt, während Trotz und Widerstreben konsequent Misserfolg im Familienleben herbeiführen.

» channale » Beiträge: 1371 » Talkpoints: 37,37 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Eigentlich sollte man weder Strafe noch Belohnung als erzieherische Maßnahme benutzen. Da sie anscheinend sehr trotzig ist und sich in der Pubertät befindet wird Strafe aber wahrscheinlich sowieso nichts bringen. Ich spreche da aus eigener Erfahrung, denn ich bin mit 15 Jahren in einen fremden Haushalt gezogen und war dort anfangs auch sehr schwierig. Mit der Zeit hat sich dies dann jedoch gelegt. Ich musste erst selber mit der Situation klarkommen und mich in der neuen Familie zurechtfinden.

Es wäre wichtig, als erstes herauszufinden, warum sie dieses Verhalten an den Tag legt und warum sie sich nicht in die Familie integrieren will. Vielleicht hat sie Angst oder Ähliches. Wenn man ihn Verständnis entgegenbringt wird sie sich sehr wahrscheinlich nach kurzer Zeit öffnen und über ihre Probleme reden, die sie auf jeden Fall hat. Sie weiß nur nicht wie sie mit der Situation umgehen soll. Sich innerhalb von vier Wochen in einer Familie einzugewöhnen ist auch nicht unbedingt realistisch.

Zeigt ihr einfach, auch wenn es manchmal schwer fällt, dass ihr sie gerne bei euch habt und ihr sie verstehen wollt und auch für sie da seid, wenn sie sich manchmal ungerecht verhält. Damit sie euch nicht nur auf der Nase herumtanzt , ist die Idee mit den Regeln auf jeden Fall eine gute Sache. Ich würde diese Regeln jedoch mit einer Art "Familienkonferenz" und einem vorherigen Gespräch an sie herantragen, damit sie sich nicht hintergangen oder allzu bevormundet fühlt. Wenn ihr ihr klar macht, dass die Regeln dazu da sind, die Familie zu schützen und ihr sie sehr gerne noch mehr integrieren wollt wird sie sie vielleicht von selber annehmen. Wenn nicht, versucht, sie für gutes Verhalten zu belohnen und bei schlechtem Verhalten mit ihr darüber zu reden.

» TeresaB » Beiträge: 144 » Talkpoints: 7,78 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Dies ist ein recht schwieriges Thema und oftmals sehr schwer zu beantworten.
Wahrscheinlich kann eine unbeteiligte Person das auch nur beantworten, in dem Sie Erkenntnisse aus Ihrem eigenen Leben nimmt. Ansonsten wäre hier wahrscheinlich ein Psychologe der bessere Ansprechpartner, oder zu mindestens zu empfehlen.

Ich kann nur sagen wie ich handeln würde und ich habe 5 Kinder, zwei davon sind Erwachsen und bereits aus dem Haus, die drei anderen leben noch zu Hause und sind in einem Alter von 17, 14 und 4 Jahre. Wobei die beiden älteren Mädchen sind und der jüngste ein Junge.

Ich würde mich für die Symbiose aus beiden Systemen entscheiden, allerdings erst in zweiter Linie. Hört sich vielleicht etwas komisch an, aber im nach hinein dann vielleicht doch nicht mehr. Das Mädel kennt ganz klar keine Grenzen und wenn ich das schreibe, möchte ich damit keinem zu nahe treten. Wahrscheinlich hat sie bisher auch keine Grenzen kennen gelernt und von daher fällt es Ihr natürlich schwer, sich an welche zu halten, deshalb auch Ihr auffälliges Verhalten.

Sie testet Ihren Status, den sie dabei ist in der Familie einzunehmen, aus. Steht sie über euch? Steht sie auf gleicher Stufe? Oder steht sie unter euch? Dies testet sie im Moment aus ( sieht man an dem Hund, wie sie Ihn behandelt, denn dieser steht unter Ihr) und nun seid Ihr gefordert, Ihr ganz klar Grenzen zu zeigen. Ihr steht über sie, da Ihr das sagen habt. Ihr habt die Verantwortung und die Versorgung übernommen und das müßt Ihr beide Ihr ganz klar zeigen. Grenzen müssen ohne ein wenn und aber aufgezeigt werden, denn lasst Ihr euch in diesem Fall auf einer Diskussion oder Kompromisse ein, steht Ihr auf verlorenem Posten. Hört sich vielleicht alles etwas starr an, aber so ist die Tatsache.

Ein Kind ist ein Kind und sollte nicht den Status eines Erwachsenen oder Partners haben. Grenzen gehören nun mal dazu und wenn diese eingehalten werden, dann spricht auch nichts gegen eine Belohnung.
Ich möchte euch gerne ein Buch empfehlen, dieses da heißt: Warum unsere Kinder Tyrannen werden... oder: Die Abschaffung der Kindheit. Der Autor ist der Sozialpsychiater und Kinder- und Jugendpsychologe Dr. Michael Winterhoff. In diesem Buch geht es um Grenzen, Freiheiten ect. und ich kann dieses Buch, jedem wirklich aufs wärmste empfehlen.

Ich wünsche euch Kraft und Ausdauer, aber vor allen Dingen, das alles in Ordnung kommt.[/u]

» Skymoon » Beiträge: 98 » Talkpoints: 0,60 »



Ich gehe davon aus, dass die junge Dame nicht nur zu euch kam um "frischen Wind" in euer Familienleben zu bringen. Sondern weil es zuvor Probleme gab. Nun ist die Situation natürlich doppelt belastet. Das Kind ist in einer neuen Familie, hat eventuell noch einiges an Vergangenheitsbewältigung zu leisten und steckt mitten in der Pubertät. Das ist keine einfache Mischung. Nicht für Euch und nicht für sie.

Professionelle Beratung, z.B. Bei der ProFamilia, halte ich für sinnvoll. Druck durch Androhung von Strafen ist wahrscheinlich in diesem Fall absolut kontraproduktiv. Respekt und Autorität in einer Familie schafft man nicht durch Machtausübung. Schon gar nicht bei einer pubertierenden 13jährigen. Aber um dir wirklich etwas raten zu können, müsste man mehr über die Situation wissen.

» Wordoholic » Beiträge: 46 » Talkpoints: 0,16 »


Ich halte es auch für sinnvoll zu wissen, wieso das Mädchen bei euch in die Familie kam und wie sich die Familie bisher zusammensetzte und welche Rolle du dabei spielst. Es ist schon ein Unterschied, ob du die Mutter in der Familie bist oder die Tochter, wobei ich auf letzteres tippe. Und ein 13-jähriges Mädchen kommt ja nicht einfach nur so zu euch.

An und für sich ist das ja schone in schwieriges Alter und wenn man dann noch aus der gewohnten Umgebung gerissen wird, ist das sicherlich nochmal zusätzlich belastend. Hinzu wird kommen, dass es eben einen Grund für den Umzug gab. Interessieren würde mich an der Stelle ja auch noch, wie lange sie denn bei euch wohnt, oder ob das eine längerfristige Sachen sein sollte? Es ist ja schon ein Unterschied, ob man nur den Sommer über woanders wohnt, oder für immer. Auch würde mich interessieren, ob sie in irgendeiner Form mit euch verwandt ist oder woher ihr die Bekannte sonst kennt.

Ich möchte sie unter keinen Umständen in Schutz nehmen, aber ich vermute einfach, dass sie stark verwirrt ist. Und da rebelliert man eben einfach gegen alles und jeden. Vielleicht ist ihr die Situation auch jetzt erst richtig bewusst geworden. Möglich wäre aber eben auch, dass das einfach ihre Art ist und sie schon immer so ist. In dem Falle habt ihr eigentlich ein viel größeres Problem. Habt ihr es eigentlich schon einmal mit einem Gespräch versucht? Klar, in dem Alter sind Gespräche schwer, aber aussichtslos ist es nicht und nicht alle Kinder in dem Alter sind so.

Ich persönlich wäre ja schon aus der Haut gefahren, wenn jemand rücksichtslos sehr laut Musik hört, wenn ich zum Beispiel was machen muss. Und ich könnte es auch gar nicht leiden, wenn jemand komisch zu meinem Hund ist. Ich weiß ja nicht, was die Alternative für das Kind ist, wenn es nicht mehr bei euch wohnen kann. Ich würde ihr im letzten Schritt dann aber schon androhen, dass sie rausfliegt, wenn sie ihr Verhalten nicht ändert. Mit fremden Kindern ist das ja immer so eine Sache. Aber man ist für die verantwortlich und wenn was passiert, ist man selber auch dran. Und bei einem so ungezogenen Kind wäre mir das Risiko, das etwas passiert einfach viel zu hoch.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Mich würde auch interessieren, wieso sie bei euch eingezogen ist, denn wenn es sich etwa um eine Art Adoption gehandelt hat, ist es doch nicht selten so, dass man einen Therapeuten oder ähnliches zur Verfügung gestellt bekommt und dann regelmäßige Termine vereinbaren kann. Therapeuten eignen sich meiner Meinung nach in dieser Hinsicht sehr gut, dem Kind bei der Eingewöhnung zu helfen, zumal diese auch am Besten wissen, was man bei bestimmten Problemsituationen tun könnte, da sie sich schließlich damit auskennen.

Positive und negative Verstärker benutzt man in diesem Alter eigentlich nicht mehr. Das sind Dinge, die bei Kleinkindern gemacht werden und natürlich bei Tieren. Bei einem Kleinkind ist es nun mal so, dass man ihm nicht erklären kann, wieso dieses oder jenes Verhalten nicht gut ist, man kann ihm nicht verdeutlichen, dass es zu Brei gefahren wird, wenn es einfach so über die Straße geht und so muss es auch mal ein Klatsch auf den Po tun oder eben eine Süßigkeit oder dergleichen, wenn das Kind das erwünschte Verhalten aufweißt.

Aber bei Jugendlichen kann man dieses System in der Form keinesfalls mehr anbringen, der Jugendliche ist schließlich schon um einiges reifer und nicht so blöd, als dass er das nicht durchschauen würde. Davon abgesehen, finde mal einen positiven Verstärker für eine derart trotzige Person. Hier greift man in der Regel zu anderen Methoden, Gesprächen, Therapeuten und manchmal muss man solche Phasen auch einfach abwarten, weil das Kind sich nach einiger Zeit selbst beruhigt und merkt, wie albern sein Verhalten war.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



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