Kinder auf Beerdigungen - was ist das Problem?
Ob man Kinder auch eine Beerdigung mitnehmen könne, das wurde hier schon mehrfach diskutiert. Darum geht es mir aber gar nicht. Mir geht es eher darum, warum es scheinbar so schlimm ist, wenn man sich als Elternteil nach reiflicher Überlegung entschlossen hat, ein Kind mit auf eine Beerdigung zu nehmen.
In der vergangenen Woche ist eine liebe Nachbarin von uns verstorben. Diese Nachbarn mochte gerade mein Sohn sehr und er fand es schon traurig, dass die Nachbarin verstorben ist. Für ihn war es dann auch klar, dass er gern zu der Beerdigung gehen möchte. Seine Begründung, er möchte sich einfach noch mal von ihr verabschieden. Dazu muss gesagt werden, dass die Frau schon längere Zeit krank war, aber kurz vor ihrem Tode von Seiten der Ärzte gesagt wurde, dass sie in den nächsten zwei Wochen wieder nach Hause könne, da sich ihr Zustand gebessert hatte. Er hatte sie also längere Zeit nicht gesehen. Nun hatte ich mit dem Kleinen (er ist 7 Jahre alt) noch mal darüber gesprochen und ihm war auch klar, dass da etliche Menschen traurig sind und dass es schon, aus seiner Sicht, komisch, im Sinne von eigenartig, sein könne. Trotzdem wollten wir gemeinsam zur Beerdigung gehen. Leider ist die Beerdigung aber an einem Vormittag, an dem der Kleine in der Schule sitzt und ich bekomme keinen Urlaub, so dass wir eben nicht zur Beerdigung gehen können.
Nun hörte ich von Bekannten, dass das ein Glück sei und ich meinem Kind doch keine Beerdigung zumuten könne. Was ich mir alles anhören musste, wie unverantwortlich ich doch sei etc. pp. Natürlich sollte man sicher nicht mit jedem Kind auf jede Beerdigung gehen. Wichtig ist sicher auch, wie das Kind mit dem Tod überhaupt umgeht. Ebenso ist sicher abzuwägen, wie das Verhältnis des Kindes zu dem Toten war. Ich hatte mich nach einiger Überlegung jedenfalls dazu entschlossen, dass es in diesem Fall durchaus sinnvoll ist, den Jungen mitzunehmen. Warum ist aber so eine Entscheidung auch heute noch so problematisch? Ich verstehe das nicht, zumal ich von meinen Kritikern auch keine echten Argumente zu hören bekam sondern einfach, das macht man nicht und basta.
Die Reaktion verstehe ich auch nicht so ganz. Du hast ja mit deinem Sohn darüber gesprochen, ihm war offensichtlich schon bewusst, dass es ein trauriger Anlass ist und er wollte hingehen. Meiner Meinung nach kann man Kinder nicht immer vor allem schützen. Er wurde mit dem Tod der Nachbarin konfrontiert und war sich darüber bewusst, dass sie nicht mehr wieder kommen wird, aber er wollte sich von ihr verabschieden.
Ich finde es gut, dass du mit deinem Sohn so offen darüber gesprochen hast und ihm erklärt hast um was es geht. Es ist meiner Meinung nach nichts verwerflich daran, ihn mit zu dieser Beerdigung zu nehmen. Das heißt ja nicht, dass du ihn zu jeder Beerdigung mitnimmst, selbst wenn er damit nichts anfangen könnte. Aber hier ging es um jemanden, den er kannte und er wollte bewusst dorthin.
Ich kann die Reaktion deiner Kritiker schon verstehen. Zwar hat dein Sohn den Wunsch geäußert, auf diese Beerdigung zu gehen, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass er richtig versteht worum es dort geht. So ein trauriger Anlass hat manchmal einen bleibenden Eindruck bei einem Kind. Du kannst kaum einschätzen, wie dein Sohn in dieser Situation reagieren wird. Ich glaube nicht, dass sich dein Sohn schon ernsthaft mit der Thematik beschäftigt hat.
Warum sollte ein siebenjähriges Kind nicht verstehen, was eine Beerdigung bedeutet? Ok, sie sind vielleicht nicht ganz so traurig bzw. zeigen ihre Trauer anders als Erwachsene, aber sie verstehen den Sinn der ganzen Sache schon. Ich war in dem selben Alter, als meine Oma beigesetzt wurde und weiss, das ich damals keine Trauer gezeigt habe, auch wenn mir klar war, das ich sie nicht wiedersehen würde.
Die Trauerfeierlichkeiten waren dann eher interessant, als traurig für mich, weil ich etwas komplett Neues erlebt habe. Ich habe mich zwar ruhig verhalten, aber eben keine Trauer in dem Sinne gezeigt, sondern war einfach nur neugierig, was da so alles passiert. Und bei mir war es kein freiwilliger Besuch, sondern meine Eltern waren gezwungen mich mitzunehmen, da sie mich weder allein zu Hause, noch dort vor Ort betreuen lssen konnten.
Als meine Mutter starb, waren meine Kinder noch relativ klein. Meine Mutter lebte bei uns im Haushalt und das auch bis zu ihrem Ableben. Viele Menschen konnten das nicht verstehen, dass ich meinen Kindern zugemutet habe mit dem Tod der Oma konfrontiert zu werden. Aber das Sterben gehört nun einmal zum Leben, kein Mensch regt sich auf, wenn ein Kind seinen geliebten Hamster im Garten beerdigt.
Meine Kinder konnten so Abschied von ihrer Oma nehmen und sich so auch schneller damit abfinden. Kinder sind viel stärker als man glaubt und vor allen Dingen viel verständnisvoller. Mein alter Lehrer hat immer gesagt, was Kinder wissen wollen, können sie auch verstehen. Alles andere vergessen sie wieder. Diese Erfahrung habe ich auch gemacht.
Ich finde also, wenn ein Kind, auch nach ausführlicher Erklärung, den Wunsch äußert mit zu der Beerdigung zu gehen, dann ist es auch in Ordnung so. Eine Beerdigung ist ein trauriges aber kein schreckliches Ereignis.
Mein Grossvater ist ja vor wenigen Monaten verstorben, und auch seine Urenkel, also meine Nichte und mein Neffe waren mit ihren 5 und 7 Jahren bei der Beerdigung mit dabei. Ich war ja zunächst auch skeptisch, aber die Mutter der Beiden hat es auch ähnlich wie Du begründet. Die Beiden haben ihren Uropa eine Zeitlang miterlebt, als es ihm noch besser ging und sie haben es aber auch mitbekommen, als es ihm immer etwas schlecher ergangen ist. Auch durch das hohe Alter und dass der Tod nun mal zum Leben gehört, wurde ihnen schonend beigebracht. Und somit war die Beerdigung auch für die Kinder ein Abschied von ihrem Uropa gewesen.
Ich muss auch sagen, dass die Beiden die Beerdigung und den Tod einfach als solchen akzeptierten. Da gehe ich aber davon aus, dass die Eltern auch mit ihnen darüber gesprochen haben, sondern sie nicht einfach so mitgenommen haben. Da war auch nichts davon zu spüren, ob sie irgendeinen Schaden oder ähnliches davon getragen haben - eher im Gegenteil. Durch die Anwesenheit der beiden Kinde, als auch ihre Unbekümmertheit haben sie unbewusst die Trauer bei dem einen oder anderen Trauernden "erleichtert". Sie haben viel gefragt, aber sie haben auch einfühlsame Antworten erhalten und das scheint hier bei JotJot auch ganz klar der Fall zu sein.
Nach dem Erlebnis mit meiner Nichte und meinem Neffen muss ich ganz klar sagen, dass ein Kind auf der Beerdigung durchaus etwas zu suchen hat, und zwar dann, wenn die Eltern ihre Kinder wirklich einfühlsam aufklären und wenn das Verhältnis zu dem Verstorbenen auch ein gutes gewesen ist.
Dieses "das macht man nicht" ist kein gutes Argument, vor allem, wenn man sonst keine anderen Begründungen hat oder sonstiges. Mich interessiert es schon ein wenig, wie sie auf Deine argumente reagiert haben, JotJot - da muss doch noch etwas gekommen sein? Haben die Kritiker Befürchtungen, dass Dein Sohn davon Schaden genommen hätte? Dass er die Beerdigung "sprengt", indem er sich unangemessen verhält oder was war das Problem?
n8hawk4u hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass sich dein Sohn schon ernsthaft mit der Thematik beschäftigt hat.
Das denke ich schon, denn immerhin wurde er mit 4 Jahren von seinem besten Freund darüber informiert, dass ich als seine Mutter mal sterben würde. Danach war er erst am Boden zerstört und wir haben uns in der Folge sehr intensiv mit diesem Thema auseinander gesetzt.
Aber auch hier stört mich wieder die Aussage, dass das negative Folgen habe und man kaum abschätze könne, wie das Kind reagiert. Ja was kann denn passieren? Und könnte das nicht auch Erwachsenen passieren? So wirklich Argumente kann ich nicht hören.
@*steph* Als Antwort auf meine Frage, was denn genau so schlimm sei, habe ich nur ein Schulterzucken erhalten und man drehte sich um und ging oder wechselte das Thema. Das finde ich eher schade. Vielleicht gibt es ja wirklich plausible Gründe, die ich selbst und andere nicht sehen.
Ich denke, dass man als Elternteil durchaus entscheiden kann, ob das eigene Kind eine Beerdigung verkraften kann oder nicht. Nicht jedes Kind ist gleich und nicht jedes Kind kann es verstehen oder verkraften, wenn aufeinmal so viele traurige Menschen um einen sind.
Aber gerade wenn das Kind den verstorbenen Menschen sehr gemocht hat, ist es eine Hilfe wenn es mit zur Beerdigung darf. Denn es sieht, dass es sich für seine Gefühle nicht schämen muss, denn auch die Erwachsenen sind traurig und so kann ein Kind eine Beerdigung durchaus auch positiv erleben.
Ich war wärend meiner Kindheit auf einigen Beerdigungen. Das einzige, was ich schrecklich fand, waren die Beileidsbekundungen am Grab und das wurde dann zum Glück irgendwann von den Hinterbliebenen nicht mehr erwünscht. Aber die Möglichkeit mich noch mal von einem geliebten Menschen zu verabschieden, hat mir geholfen diesen Menschen auch los zu lassen. Denn ich hatte ja miterlebt, dass er unwiderruflich weg war.
Ich denke, wenn die Kids es auch mit erleben, wie sehr der Mensch im Leben gelitten hat und wenn man als Erwachsener den Kids gut erklärt, das der Tod nichts schlimmes, sondern eher was erlösendes ist für die Person, dann finde ich es nicht schlimm, wenn man Kinder mit zu der Beerdigung nimmt. Der Tod gehört nun mal zum Leben dazu und man kann die Kinder auch nicht für immer davor schützen. Man muss es ihnen nur kindgerecht erklären und dann geht das schon.
Es liegt natürlich auch an jedem Kind selber, denn da gibt es ja auch noch Unterschiede, aber ich denke, das werden die eigenen Eltern immer am besten beurteilen können, ob man den Kids eine Beerdigung zumuten kann oder nicht. Kinder scheinen so etwas auch anders zu verarbeiten als wir Erwachsenen und wenn man ihnen ihre Fragen beantwortet, dann haben sie da auch einen normalen Bezug zu und wissen, das der Tod nun einmal auch dazu gehört.
Ich habe erst letzens in diesem Thread hier Kurzlebige Haustiere für Kinder? darüber geschrieben, dass man mittels kurzlebiger Haustiere ein Kind auf den Tod vorbereiten kann, so dass es im Kindesalter lernt, mit einem solchen Trauerfall umzugehen und nicht erst im Erwachsenenalter. Dein Beispiel ist meiner Ansicht nach genau wieder sowas, wo ich einfach nur mit dem Kopf schütteln kann, denn ich verstehe nicht, wie manche Menschen meinen, sie würden ein Kind dadurch schützen, dass sie ihm alles Böse und Leid der Welt vorenthalten und es davon abkapseln. Manche Erwachsene sind einfach nicht dazu in der Lage zu erkennen, dass es eben das ist, was ein Kind braucht, denn auch als Kind ist man weit weniger empfindlich und kann damit umgehen, als sie glaubt.
Ich denke es ist sogar deutlich besser, wenn man mit Todesfällen bereits im Kindesalter konfrontiert wird, als wenn das zuerst im Erwachsenenalter passiert, wo man dann eben erst schauen muss, wie man damit umgeht. Und wenn dein Sohn doch eh von der Krankheit der Nachbarin erfahren und es mitbekommen hat, wieso sollte er dann nicht auf die Beerdigung gehen, zumal es doch sein eigener Wunsch ist. Das finde ich echt schon ein bisschen eingeschränkt, was die Denkweise deiner Bekannten angeht, auf sowas würde ich mich nicht einlassen und ihr ganz klar meine Meinung sagen. Vom mir aus soll sie ruhig ihre Kinder so erziehen und sie von allem weghalten, was ihnen Leid zufügen könnte, nur was daraus wird, dass wird sie dann schon selbst sehen.
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