Anzeichen für Hyperaktivität?
Meine große Tochter ist fast 3 Jahre alt und ein ziemliches Energiebünde. Sie stellt eigentlich dauert etwas an oder läuft auch ständig herum ohne lange zu still zu sitzen. Meine Mutter meint dauert, dass sie hyperaktiv sei, aber ich denke mir, es gibt doch relativ viele Kinder, die ständig herumlaufen und auch nicht gleich diese Krankheit haben.
Jetzt würde mich interessieren, ob ihr vielleicht wisst, wie man selber ausschließen kann, ob sein Kind hyperaktiv ist bzw. ob da nur eine Untersuchung die Wahrheit ans Licht bringt? Kann man überhaupt vor 3 Jahren eine Diagnose stellen, ich glaube, ich habe einmal irgendwo gelesen, dass Kinder dieses Alter dazu erreicht haben müssen.
Stimmt es auch, dass man es, einfach gesagt, auch daran erkennen kann, ob ein Kind eine viertel Stunde alleine und ganz konzentriert bei einer Sache bzw. einen Spiel sein kann? Ich mache mir langsam etwas Sorgen um meine Große und wäre sehr dankbar, wenn ihr mir einige Tipps zum Erkennen von Hyperaktivität sagen könntet.
Ich denke, dass man es in diesem Alter noch gar nicht feststellen kann, ob ein Kind hyperaktiv ist oder nicht. In diesem Alter sollten die Kinder ja auch noch herumtoben dürfen und quirlig sein, was Kinder mit 3 Jahren auch noch sind. Schlimmer wäre es, wenn ein Kind dieses Alters nur herumhängen würde und apathisch wirken würde.
Heutzutage wird viel zu schnell zu der Diagnose Hyperaktivität übergegangen, wenn das Kind nicht nach den Regeln der Eltern tanzt und auch einfach nur Kind ist, was eben von Haus aus einen gewissen Drang zur Bewegung hat.
Ich würde deine Tochter einfach weiterhin beobachten und wenn du das Gefühl hast, dass deine Mutter doch recht haben könnte mit ihrer Einschätzung, dann würde ich einmal zum Kinderarzt gehen und ihn danach fragen. Der weiß dann am besten, was zu tun ist.
Es gibt genau zwei Gründe, warum man ein Kind in so einem Fall testen lassen sollte:
1. Grund: Wenn das Kind in der Schule massive Probleme haben sollte, ist so eine Diagnose geeignet, ggf. das Kind in eine Schule mit Sportschwerpunkt wechseln zu lassen, obwohl es nicht im Einzugsgebiet wohnt. Ich würde also nur im Härtefall vor Schuleintritt testen lassen. (Beispielsweise, wenn die Familie unter dem Alltag mit dem Kind leidet)
2. Grund: Wenn man bereit ist, dem Kind bei diagnostizierter Hyperaktivität auch Psychopharmaka wie Methylphenidat zu verabreichen.
Tipp: Wenn Du Dich über Hyperaktivität informieren willst, solltest Du auch unter den Fachbegriffen ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) bzw. HKS (Hyperkinetische Störung/Syndrom) suchen.
Die Diagnose Hyperaktivität, so viel sei vorausgeschickt, ist eine regelrechte Mode geworden. Plötzlich haben Mengenweise Kinder angeblich Hyperaktivität. Dazu gibt es einige Thesen, warum das so sein könnte:
These 1: Hyperaktivität macht Pharmaunternehmen reich.
Die Pharmaindustrie verdient eine riesige Stange Geld mit der Vermarktung der Psychopille Ritalin (Methylphenidat). Inzwischen nehmen das Zeug sogar gesunde Studenten ein, um besser in Prüfungen abzuschneiden. Je mehr Kinder man als "krank" diagnostiziert, desto mehr Pillen werden verkauft. Also: Hier ist ein riesiges Marktpotential vorhanden. Vor allem lässt sich das Zeug gut vermarkten, weil Lehrer damit oft schnell zufrieden zu stellen sind und Eltern sich entspannen können. Über die möglichen Nebenwirkungen dieses Medikamentes solltest Du Dich gründlich informieren. Die Entscheidung ob man dies seinem Kind verabreichen will, ist ein wesentlich Schritt vor der Entscheidung zur Diagnostik. Wenn erst mal eine Hyperaktivität diagnostiziert ist, ist es extrem schwierig nicht als "Rabeneltern" dazustehen, wenn man die Pille ablehnt.
2. These: Kinder werden immer zappeliger, weil sie nicht mehr "artgerecht" gehalten werden. Der Ausdruck ist im Zusammenhang mit Kindern ziemlich blöd, aber es gibt nichts treffenderes.
Früher fiel Hyperaktivität nicht so auf, weil man seine Kinder guten Gewissens nachmittags zum Spielen im Freien mit anderen Nachbarskindern schicken konnten. Die Kinder kamen abends ausgetobt und entspannt nach Hause. Gerade in Großstädten fehlen derartige Bewegungsräume oft. Die Kinder werden in den Wohnungen viel zu früh zum still sitzen angehalten, was ihnen im zu jungen Alter schadet. Dazu kommt erheblicher Medienkonsum, bei dem man auch oft still sitzt. Der Mensch ist nicht zu still sitzen geboren, erst durch den Einzug der modernen Technik muss der Mensch sich nicht mehr so viel bewegen wie sonst die ganze Menschheitsgeschichte lang. Kinder haben von Haus aus einen hohen Bewegungsdrang, den sie ausleben müssen, um gesund zu bleiben. Dabei gibt es individuelle Unterschiede. Manche Kinder sind richtige kleine Sportskanonen mit riesiger Ausdauer und manche eher faul.
3. These: Chemikalien in der Ernährung.
Immer wieder wird diskutiert, dass moderne, industriell verarbeitete Lebensmittel die Kinder zappelig machen können. Schmelzsalze, Zucker, Phosphate, künstliche Hormone im Fleisch, Koffein, Geschmacksverstärker stehen schon seit Jahren in der Diskussion, die Kinder zu zappeligen Wesen zu machen.
4. These: Die moderne Erziehung mit ihrer Inkonsequenz ist schuld.
Die Kinder werden nicht mehr so konsequent erzogen und lernen zu wenig Regeln für korrektes Verhalten zu verinnerlichen, so dass sie nicht lernen, sich selbst zu regulieren.
5. These: Hyperaktivität wird selten von Spezialisten diagnostiziert.
Oft reicht es schon aus, dass man sein Kind beim normalen Kinderarzt vorstellt, diesem sagt, dass das Kind so „hibbelig“ ist und man dann die Diagnose bekommt. Für eine Diagnose, die sauber ausgeführt wird, muss man allerdings sehr viele Faktoren berücksichtigen. Daraus folgt auch, dass man als Elternteil nicht in der Lage ist, Hyperaktivität zu diagnostizieren.
Berücksichtigt man all diese Punkte im Hinterkopf, wird verständlich, was man tun kann, um das Zusammenleben mit deinem Kind zu erleichtern. Ich gebe Dir auch ein paar Denkanstöße, dass Du überlegen kannst, ob Du dein Kind wirklich untersuchen willst, oder eher nicht. Ich persönlich würde meinem Kind niemals vor dem Schulalter diese Pille verabreichen und wenn dann nur, wenn alle anderen Maßnahmen nichts wirken und das Kind sich mit seiner Hyperaktivität selbst schadet. Das eigentliche Problem ist weniger die Hyperaktivität im Unterrichtsalltag als die mangelnde Fähigkeit sich zu konzentrieren, Reize auszublenden und zu lernen.
Ich gebe Dir mal folgende bewährte Tipps, wie man mit so einem Energiebündel von Kind gut umgehen kann, und wie man durch gezielte Maßnahmen schon Probleme für den Schulalltag im Vorfeld vorbeugen kann bzw. wie man schon frühzeitig mit gezieltem Training anfangen kann.
1. Tipp: Artgerechte Haltung.
Achte darauf, dass Dein Kind jeden Tag viele Möglichkeiten bekommt, sich körperlich zu betätigen. Auch in der Stadt gibt es hier Möglichkeiten die man nutzen kann, z. B. dass man in den Stadtpark geht oder ins Schwimmbad. Ziel ist, dass das Kind möglichst jeden Tag körperlich erschöpft ins Bett fällt. Besonders wirksam ist nach neuesten Studien der bewegte Aufenthalt in der freien Natur, beispielsweise im Wald. Solche Aktivitäten wirken sich messbar beruhigend auf unruhige Kinder aus. Bei der Wahl von Freizeitaktivitäten kannst Du ja schon mal nach Sport für kleine Kinder Ausschau halten. Medienkonsum und Computernutzung sollte man auf ein Minimum einschränken. In der Gruppe macht Sport besonderen Spaß. Später bei der Wahl der Schule solltest Du du dein Kind möglichst auf eine Schule schicken, die viel Sport im Schulkonzept integriert hat.
Viel Bewegung ist gut für jedes Kind, unabhängig ob es hyperaktiv ist, oder nicht. Auch die Krankenkassen, v. a. die AOK bieten Kurse für Eltern, wie man mehr Bewegung in den Alltag der Kinder integrieren kann. Das könnte für Dich hilfreich sein.
2. Tipp: Unabhängige um eine Einschätzung fragen.
Wenn dein Kind schon im Kindergarten ist, kannst Du ja mal die Erzieher um eine Einschätzung fragen, aktiv dein Kind im Vergleich zu anderen ist. Manchmal neigt man, weil man von seinem Kind gestresst ist dazu, es für aktiver zu halten, als es wirklich ist. Auch wenn die es nicht für hyperaktiv halten schadet es trotzdem kein Kind, wenn man Tipp 1 berücksichtigt.
3. Tipp: Die Konzentrationsfähigkeit spielerisch ohne Druck fördern.
Aktivitäten wie Ausmalen, Bilderbücher vorlesen, Puzzlespiele, gemeinsames Basteln fördern das Kind dabei, sich auf eine Sache zu konzentrieren. Davon sollte man möglichst täglich eine Aktivität einplanen und darauf achten, dass das Kind nach und nach immer ein wenig länger am Ball bleibt. Es ist auch wichtig, dass man Kinder, die im ruhigen Spiel sind, nicht permanent stört. Ein Kind das ruhig mit etwas spielt, sollte die Gelegenheit bekommen, sich da hinein zu vertiefen und die Konzentration zu spüren. Da kann auch das Essen mal warten.
4. Tipp: Für gesunde Nahrung sorgen.
Informiere Dich über Ernährung und Hyperaktivität und sorge dafür, dass Dein Kind möglichst wenig der verdächtigen Substanzen bekommt und sich gesund und ausgewogen ernährt.
5. Tipp: Erziehe besonders konsequent.
In der Erziehung von hyperaktiven Kindern haben sich so genannte Token-Systeme bewährt. Das heißt, dass man das Kind ganz klar für erwünschtes Verhalten belohnt, nicht aber straft, wenn es sich unerwünscht verhält. Wenn das Kind beispielsweise 10 Minuten konzentriert ein Mandala ausgemalt hat, bekommt es ein Token, z. B. ein Fleißbildchen. Bei einer vorher fest gelegten Menge an erreichten Token kann das Kind diese dann gegen vorher festgelegte Prämien einlösen, z. B.in einen Besuch im Zoo. Ein Token funktioniert also als eine Art Geld, mit dem man etwas einlösen kann. Das zeigt dem Kind sehr deutlich, dass sich Wohlverhalten wie z. B. Konzentration lohnt und welches Verhalten wichtig ist. Dabei sollten die Regeln, was erwünschtes Verhalten ist und was nicht möglichst von allen Familienmitgliedern eingehalten werden und alle an einem Strang ziehen.
6. Tipp: Finde die besondere Begabung deines Kindes.
Hyperaktive Kinder sind oft besonders intelligent oder haben eine besondere Begabung. Diese gilt es heraus zu finden und gut zu fördern, damit das Kind etwas hat, worauf es stolz sein kann.
7. Tipp: Rede dem Kind auch bei erwiesener Hyperaktivität nie ein, dass es wegen einer Krankheit nichts für sein Verhalten kann. Sonst entschuldigt das Kind sein Verhalten ständig mit Krankheit, resigniert und bemüht sich deutlich weniger um eine Verbesserung. Eine Diagnostik sollte im Falle eines Falles immer ein Spezialistenteam vornehmen! Meist kennen Lehrer dann auch die zuständigen Stellen.
8. Tipp: Suche Dir Hilfe.
Wenn Dir die Erziehung schwer fällt, scheue Dich nicht, Dich an ein SPZ (Sozialpädiatrisches Zentrum) zu wenden und um Hilfe zu fragen. Oft gibt es in der Nähe auch Erziehungsberatungsstellen, die einem wertvolle Tipps für deinen Einzelfall geben können. Oder eine Gruppe für betroffene Eltern.
9. Tipp: Viele Informationen sammeln.
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